Angriff auf Steinbrück
Der SPD-Kanzlerkandidat kann der Amtsinhaberin ganz schön gefährlich werden, sagen neue Umfragen. Die Union wird nervös – und greift jetzt seine Nebeneinkünfte an.
Berlin/München - Er wird für Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel gefährlicher, als die Union dachte. Nach seiner Nominierung als SPD-Kanzlerkandidat legte Peer Steinbrück in einer Forsa-Umfrage gleich um fünf Prozent zu. 34 Prozent würden sich für ihn entscheiden. Zwar führt Bundeskanzlerin Angela Merkel noch souverän, sank aber von 50 auf 46 Prozent. Bei den SPD-Wählern schnellte er gleich um satte 16 Prozent in die Höhe. 77 Prozent trauen ihm Kanzler zu. Auch ein Flirt der Liberalen ist nach der Bundestagswahl 2013 nicht mehr ausgeschlossen. FDP-Chef Philipp Rösler: „Steinbrück ist eine respektable Persönlichkeit.“
Da hat sich Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer wohl getäuscht, als er nach der Nominierung zuerst frohlockte, dass der Union SPD-Chef Sigmar Gabriel erspart bleibt. Den fand er den Schlimmeren. Vor Steinbrück dagegen habe er „keinen Bammel“. „Da muss ich schmunzeln, wenn Seehofer jetzt dem Kanzlerkandidaten Sigmar Gabriel nachtrauert“, spottet Münchens OB Christian Ude (SPD). „Man sieht hier, dass der Wunsch der Vater des Gedankens ist.“ Steinbrück sei für die Union „natürlich eine ganz harte Herausforderung“.
Das hat auch Seehofer inzwischen erkannt. Der quält Steinbrück nun mit seinen Nebenverdiensten. So wie im US-Wahlkampf Obamas Strategen ihren Gegner Mitt Romney, der am Ende seine Steuererklärung vorlegte. „Der hatte sich auch bis zuletzt gewehrt, und musste dann kapitulieren“, reibt man sich in der CSU schon die Hände. Überraschende Schützenhilfe kommt von einem Oberlinken: Auch Klaus Barthel, SPD-Bundestagsabgeordneter aus Oberbayern und Chef des Arbeitnehmerflügels, will Steinbrücks Steuererklärung sehen: „Ich bin für eine Offenlegung der konkreten Nebenverdienste. Steinbrück kann dadurch nur gewinnen. So setzt er seine Kritiker unter Druck, denn es sind Union und FDP, die sich einem Gesetz für eine komplette Offenlegung der Nebenverdienste verweigern.“
Der SPD-Kanzlerkandidat gehört zu den Top-Verdienern im Bundestag. In dieser Legislaturperiode, die 2009 begann, hat er 89 Nebeneinkünfte deklariert. Laut Berechnung des unabhängigen Internetportals Abgeordnetenwatch.de soll er für Vorträge, Buchveröffentlichungen und seine Aufsichtsratsmandate bei ThyssenKrupp und Borussia Dortmund mindestens 700000 Euro verdient haben. Jeder seiner Vorträge wird vom politischen Gegner unter die Lupe genommen. Unter anderem hat Steinbrück 2011 einen bezahlten Vortrag bei einer Anwaltskanzlei gehalten, die 2008 und 2009 im Auftrag des damals von ihm geführten Bundesfinanzministeriums zwei Gesetze erarbeitet hatte.
Noch gibt sich Steinbrück stur, weigert sich, sein Einkommensgeheimnis zu lüften: Von Vereinen, ehrenamtlichen Organisationen, Schulen und Universitäten nehme er kein Geld für Vorträge, bolzt er zurück. Seinen Steuerbescheid wolle er nicht veröffentlichen, weil er mit seiner Frau – Biolehrerin an einem Bonner Gymnasium – gemeinsam veranlagt werde. „Und ich werde meine Frau immer schützen.“ Im vergangen Jahr hat das Paar 20000 Euro der Johannes-Rau-Hauptschule in Pennefeld gespendet – für ein neues Mathematik-Labor und ein Anti-Gewalt-Training.
Seehofer profitiert von Bundeskanzlerin Angela Merkel Glanz
Diese Zahl hält Seehofer unter Verschluss: Alles setzt er auf seine CSU in Bayern. Aber ausgerechnet im Bund schneiden die Christsozialen besser ab als in der Heimat. Das gab’s seit den 70er Jahren nicht mehr. Der Grund: Die Strahlkraft von Bundeskanzlerin Angela Merkel beschert der kleinen Schwesterpartei für die Bundestagswahl ein Umfragehoch von 49 Prozent. Daheim bringt’s Seehofer mit seinem eigenen Glanz nur auf 47 Prozent.
Bei seinen Vorgängern war das genau umgekehrt: Da lag die CSU bei der Frage nach Landtagswahlen immer höher als bei der nach Bundestagswahlen. Heraus kam die heikle Zahl schon vor zwei Wochen bei einer Emnid-Umfrage, die die CSU selbst in Auftrag gegeben hatte. Nur die 47 Prozent posaunte Seehofer heraus und änderte flugs seine Strategie. Merkel wird nicht mehr getriezt, sondern gelobt. Sogar ihre Europapolitik preist Seehofer nun als „goldrichtig“. Hauptsache, es bringt Stimmen.