Angriff auf Busen und Bundeswehr
Rechte Aktivisten unterwandern die Truppe und ziehen über Soldatinnen her. Die Chefredaktion von „Campus” an der Bundeswehr-Uni ist in ihrer Hand. Der Verteidigungsminister soll einschreiten
München - Es roch nach geheimer Kommandosache: Von der Aussegnungshalle auf dem Nordfriedhof schritt ein eigenartiger Trauerzug mit einem Kranz aus weißen Rosen zum Grab von Oswald Spengler. Der Geschichtsphilosoph gilt als geistiger Wegbereiter des Nationalsozialismus und verbreitete ein angstneurotisches Frauenbild. Rund 40 rechte Aktivisten aus der ganzen Republik waren am 7. Mai nach München gereist, um seinen 75.Todestag zu feiern. Ihr Ziel: die Gesellschaft und die Bundeswehr zu unterwandern.
Aus Stuttgart kam Hans-Ulrich Kopp, einer der eifrigsten am rechts-extremen Rand: Altherrenchef der Burschenschaft „Danubia” und Autor des rechten Magazins „Junge Freiheit”, das zeitweise vom Verfassungsschutz beobachtet wurde. Aus Berlin nahm Erik Lehnert teil: Reserveoffizier und Geschäftsführer des extrem rechten „Instituts für Staatspolitik” (IfS), das sich aus dem engsten Umfeld der „Jungen Freiheit” gegründet hat. Aus München war Martin Böcker dabei. Der 30-jährige Oberleutnant, der auch für die „Junge Freiheit” schreibt und sich im IfS schulen lässt, hatte gerade einen sensationellen Coup gelandet: An der Bundeswehr-Elite-Universität wählte ihn der ahnungslose studentische Konvent zum Chefredakteur der Campus-Zeitung.
Besser hätte es für die rechte Szene kaum laufen können. Er werde die Pressefreiheit „schamlos ausnutzen”, kündigt Böcker in seiner ersten Ausgabe an. Gemeinsam mit Erik Lehnert bläst er zur Schlacht gegen die Frauen bei der Truppe. Der Berliner schafft es, einen Artikel in der Juli-Ausgabe des „Marineforum”, dem offiziellen Offiziersblatt, zu platzieren. Er verunglimpft die Soldatinnen, beklagt die „Feminisierung der Streitkräfte” und behauptet: Die deutsche Armee sei ein „Experimentierfeld einer Gleichheitsideologie”. Deshalb sei auch die Kadettin auf der „Gorch Fock” gestorben.
Zeitgleich greift Böcker mit seiner ersten „Campus”-Ausgabe die Frauen und ihre „misslungene Integration in den Streitkräften” an. Schützenhilfe leistet Lehnert. Der schaltet im „Campus” eine ganzseitige Anzeige seines „Instituts für Staatspolitik”. Darin verspricht er jedem Offizier ein kostenloses Leseexemplar eines 48-Seiten-Heftes, in dem Frauen die Tauglichkeit für den Dienst an der Waffe abgesprochen wird. Sonst kostet es fünf Euro.
Die Präsidentin der Bundeswehr-Universität, Merith Niehuss, ist aufgeschreckt. Sie schreibt eine Mail an alle Studierenden und Mitarbeiter, klärt auf, wer hinter dem „Institut für Staatspolitik” steckt, und verbietet die Werbung: „Wenngleich die Universität die Meinungsfreiheit des Einzelnen als hohes Gut der Demokratie garantiert, sehen wir in der Verbreitung dieses geistigen Gedankenguts einen potenziellen Herd für die Näherung an den Rechtsextremismus, die wir schon im Grundsatz verhindern wollen.”
Statt Unterstützung kommt Gegenwind: Die Professoren Michael Wolffsohn, dem im „Campus” ein vierseitiges Interview gewidmet ist, und Carlo Masalas ermahnen Niehuss, die Regeln der Demokratie einzuhalten. Dazu zähle auch die Meinungsfreiheit.
„Die Rechten haben gelernt, dass sie mit der Strategie der NPD nicht weiter kommen”, warnt der Münchner Landtagsabgeordnete Peter Paul Gantzer (SPD). „Nun bewegen sie sich scharf am rechten Rand als Wolf im Schafspelz.” In einem Brandbrief fordert er Verteidigungsminister Thomas de Maizière auf, „den Vorgang zu untersuchen”. Gantzer war selbst Honorarprofessor an der Bundeswehr-Uni. „Ich bin echt traurig”, sagt er zur AZ. „Wir haben so lange daran gearbeitet, dass wir als Elite-Uni ganz oben stehen. Dann beschädigt so ein Depp alles.”
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