Angela Merkel und der Killer-Koch

BERLIN - Das Machtwort der Kanzlerin beeindruckt den hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch nicht. In der Union herrscht offener Streit um den Sparkurs und Kritik am Führungsstil der Chefin
Es kommt knüppeldick. Für Bundeskanzlerin Angela Merkel, aber vor allem für die Bürger. Steuererhöhungen werden diskutiert. Kürzungen sowieso. Auch – trotz Bundeskanzlerin Angela Merkel Machtwort – in der Bildung: Roland Koch, CDU-Vize und hessischer Ministerpräsident, lässt sich den Mund nicht mehr verbieten. Er widerspricht der Kanzlerin – und stellt damit die Machtfrage.
Er sei zwar gegen höhere Lasten für die Bürger, sagte Koch dem „Spiegel“. „Aber richtig ist auch: Wir können Steuererhöhungen nur vermeiden, wenn wir staatliche Ausgaben entsprechend der Schuldenbremse senken.“ Die Schuldenbremse steht im Grundgesetz, demnach muss der Staat ab 2011 jedes Jahr zehn Milliarden einsparen. Wie das gehen soll angesichts diverser Milliarden-schwerer-Rettungspakete, ist umstritten.
Koch legt nach. Beschäftigungsmaßnahmen für Arbeitslose, Steinkohle-Hilfen, Subventionen für Bus und Bahn: „In gewaltigen Dimensionen“ müsse gespart werden. Aber eben auch bei Bildung und Forschung. „Gespart werden muss auch hier“. Dafür hatte sich Koch schon am Freitag einen Rüffel der Kanzlerin eingefangen. In der SZ hatte Merkel mit Blick auf Koch gesagt: „Der Schwerpunkt für Deutschlands Zukunftsfähigkeit liegt bei Bildung. Wir Auch CSU-Chef Horst Seehofer ist sauer: „Das ist weder gut noch richtig“, sagt der bayerische Ministerpräsident zu dem hessischen Vorstoß. Killer-Koch ist unbeeindruckt – Vielleicht auch, weil Bayerns Schulminister Spaenle (CSU) vergangene Woche hat durchblicken lassen, dass die versprochenen 1000 zusätzlichen Lehrerstellen 2011 und 2012 unfinanzierbar seien.
„So schwer es fällt“, wir werden das Ziel für Bildung verschieben müssen“, sagte Koch und erntet dafür auch Zustimung. Zwar befürwortet Kochs Stuttgarter Kollege Stefan Mappus Investitionen in Kinderbetreuungsplätze und Bildung. Aber auf die Frage, ob die von der Bundesregierung beschlossenen Ausgaben – zehn Prozent des Brutto-Inlandsprodukts jährlich – realistisch seien, sagte der CDU-Ministerpräsident: „Ich vermute – Stand heute – eher nicht.“ Kochs Zweifel, ob der Ausbau der Kinderbetreuung finanzierbar sei, teilt Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des deutschen Städte- und Gemeindetags.
Klar scheint: Sparen allein reicht nicht: ein anonymer Ministerpräsident sagt dem „Spiegel“: „Es wird eine Debatte über Mehrwertsteuererhöhungen geben.“ Keiner traut sich namentlich vor. Baden-Württembergs Finanzminister Willi Stächele deutet wenigstens an: Die Finanzklemme werde viele Kommunen zu Gebührenerhöhungen zwingen: Von Kindergartenplätzen über Grunderwerbssteuer bis hin zur Hundesteuer.
Für Merkel ist der Ungehorsam Kochs und der eigenen Leute ein Alarmzeichen. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich, wie Koch und Mappus kein Merkel-Freund, sagt es deutlich. Die Kanzlerin müsse „jetzt mal Führung deutlich machen“.
Matthias Maus