Angela Merkel: Eine Frau sieht schwarz
BERLIN - Bundeskanzlerin Angela Merkel nutzte am Wochenende ein Zeitungsinterview, um den Bürgern in Deutschland reinen Wein einzuschenken. Ihre bittere Botschaft: 2009 wird ein Jahr schlechter Nachrichten. Aufwärts geht's erst wieder 2010.
Die Kanzlerin stimmt Deutschlands Bürger auf schlechte Zeiten ein: „Wir müssen damit rechnen, dass das kommende Jahr, zumindest in den ersten Monaten, ein Jahr schlechter Nachrichten wird“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel der „Welt am Sonntag“. Die wirtschaftliche Entwicklung weltweit lasse sich derzeit noch unsicherer vorhersagen als sonst. Die große Koalition wolle jedoch mit ihrem fünf Milliarden Euro schweren Konjunkturpaket „Bürgern und Unternehmen eine Brücke bauen, damit es 2010 wieder aufwärts geht“.
Zu einer desaströsen Lageeinschätzung kommt laut „Spiegel“ das Wirtschaftsministerium: „Wir stehen vor einer Rezession der Weltwirtschaft, wie wir sie in Tiefe und Breite seit Jahrezehnten nicht mehr erlebt haben.“ Deutschland laufe Gefahr, dass sich der Nachfrageeinbruch im Ausland zu einer „länger anhaltenden Abwärtsspirale im Inneren“ ausweite.
Ressortchef Michael Glos (CSU) hält das Konjunkturprogramm für keinesfalls ausreichend. Es könne nur ein erster Schritt sein, so Glos: „Der Konjunktur würde helfen, wenn wir jetzt die Steuern für kleine und mittlere Verdiener senken.“ Auch CSU-Chef Horst Seehofer forderte Merkel auf, noch vor der Bundestagswahl Steuersenkungen zu beschließen: „Gerade weil die CDU in der Vergangenheit Steuersenkungen so vehement abgelehnt hat, sollten wir noch vor der Wahl zumindest einen Teil der Steuerreform umsetzen. Sonst sind wir für die Bürger wenig glaubwürdig.“
Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) wies das Ansinnen der CSU brüsk zurück: Er sei es leid, „wie in einem Rattenrennen“ ständig neue Forderungen entgegenzunehmen und sich dafür rechtfertigen zu müssen, dass er „nicht jede Milliardenzeche“ bereitwillig zahle. Mit „Konjunkturprogrammen ohne Maß“ verbrenne man nur Geld.
Müntefering warnt: "Die Welle kommt erst noch"
SPD-Chef Franz Müntefering warnte vor Illusionen und Schönfärberei – die Krise und ihre Auswirkungen auf den Jobmarkt in Deutschland seien noch nicht vorbei: „Die Welle kommt noch, die ist noch nicht hier, was die Realwirtschaft angeht und was die Konsequenzen für den Arbeitsmarkt angeht“, sagte Müntefering. Der von der Regierung beschlossenen Schutzschirm für die Banken als auch jener für die Arbeitsplätze sei richtig. Es gehe jetzt um die Frage, ob man die Beschäftigung „einigermaßen stabil“ halten könne. Müntefering sagte, er habe vor Jahren vor den Finanz-„Heuschrecken“ aus Sorge um die Demokratie gewarnt: „Weil die, die mit dem großen Geld unterwegs sind, die haben keinen Respekt vor Demokratie. Für die ist Demokratie Bürokratie.“
Der Vorsitzende des Bundestags-Haushaltsausschusses, Otto Fricke (FDP), befürchtet unterdessen, dass die Netto-Kreditaufnahme des Bundes deutlich höher ausfallen wird als als bislang veranschlagt. Er schließe nicht aus, dass die Neuverschuldung auf bis zu 30 Milliarden Euro ansteigen werde, sagte Fricke. Bislang peilt die schwarz-rote Bundesregierung in ihrem Haushaltsentwurf eine Neuverschuldung in Höhe von 18,5 Milliarden Euro an.