Anfang vom Boom-Ende
Vollbeschäftigung in Bayern, Rekordzahlen im Bund: Der Arbeitsmarkt läuft blendend. Selbst Beckstein ließ es sich da nicht nehmen, bei der Bekanntgabe der aktuellen Arbeitslosenzahlen dabei zu sein. Doch das Ende des Aufschwungs ist in Sicht.
MÜNCHEN/NÜRNBERG Diesen Auftritt wollte sich Günther Beckstein nicht nehmen lassen: Bei der Bekanntgabe der neuesten Arbeitslosenzahlen für Bayern war der Ministerpräsident diesmal höchstpersönlich dabei. Die bayerische Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit verschob deshalb den sonst üblichen Vormittagstermin eigens um drei Stunden nach hinten.
Von „verdeckter Wahlkampfhilfe“ sprach Bayerns FDP deshalb. Beckstein focht das nicht an. Denn die Zahl, die der Regierungschef schließlich verkündete, hatte fast etwas Historisches: Nur noch 3,8 Prozent betrug die Arbeitslosenquote in Bayern im Juni. Bei einem solchen Wert sprechen Ökonomen von Vollbeschäftigung. Als Bestätigung der bayerischen Arbeitsmarktpolitik sah Beckstein das. Doch nicht nur er durfte gestern Jubeln. Auch im Bund läuft es noch immer überraschend gut auf dem Jobmarkt.
Wie sieht die Entwicklung aus?
Bundesweit waren im Juni 3,16 Millionen Menschen ohne Arbeit – der niedrigste Stand seit 15 Jahren. Die Arbeitslosenquote lag bei 7,5 Prozent. Frank-Jürgen Weise, Chef der Bundes-Arbeitsagentur, glaubt: Heuer könnte die Drei-Millionen-Grenze noch fallen. Bundesarbeitsminister Olaf Scholz ermutigten die „guten Nachrichten vom Arbeitsmarkt“ sogar dazu, das „Ziel der Vollbeschäftigung“ auch für den Bund auszurufen. In der Region in München ist dieses Ziel mittlerweile greifbar: Die Arbeitslosenquote liegt bei 4,3 Prozent. Insgesamt waren hier gut 50000 Menschen ohne Job.
In welchen Branchen läuft es gut?
Eine aktuelle Umfrage der Münchner Industrie- und Handelskammer zeigt: Vor allem Dienstleister suchen noch immer händeringend Mitarbeiter – etwa Unternehmensberater, aber auch Masseure, Kellner und Krankenschwestern. Viele Investitionsgüterhersteller planen in den nächsten Monaten ebenfalls Neueinstellungen. „Hersteller von Konsumgütern bauen dagegen eher Beschäftigung ab“, sagt IHK-Chefvolkswirt Robert Obermeier. Auch Bayerns Einzelhandel will unterm Strich Stellen streichen. Hintergrund: Wegen hoher Energie- und Nahrungsmittelpreise halten sich die Verbraucher beim Einkauf immer mehr zurück.
Wie geht es am Jobmarkt weiter?
Auch wenn sich die Regierungs-Offiziellen optimistisch geben: Die meisten Experten sind sicher, dass der Boom am Arbeitsmarkt dem Ende entgegengeht. „Die Finanzkrise, der teure Euro und damit die schwächere Exportwirtschaft – das alles wird sich in den nächsten Monaten bemerkbar machen“, meinte Dierk Hirschel zur AZ, Chefvolkswirt beim Deutschen Gewerkschaftsbund. Es würden zwar weiter Jobs geschaffen – aber deutlich langsamer als bisher.
Jürgen Pfister, Chefökonom bei der BayernLB glaubt: 2009 werde das Jobwachstum zum Stillstand kommen. Grund: Er rechnet mit einer „deutlichen Abkühlung“ der Konjunktur. „Wir können froh sein, wenn sich die Entwicklung am Arbeitsmarkt nächstes Jahr nicht ins Gegenteil verkehrt.“ aja