Andreas Scheuer - noch ein Doch-Nicht-Dr.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer verzichtet auf seinen Titel – wegen Plagiatsvorwürfen. Den Hinweis gab ausgerechnet die Schreibweise von Franz Josef Strauß
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CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer verzichtet auf seinen Titel. Den entscheidenden Hinweis auf ein mögliches Plagiat gab ausgerechnet die Schreibweise von Franz Josef Strauß

MÜNCHEN Karrierestationen Kreißsaal, Hörsaal, Plenarsaal. So lästerte einst Parteichef Theo Waigel über die neue glatte Generation in der CSU, die geschickt alle Fäden zog, um nach der Uni gleich an ein gutbezahltes politisches Mandat zu kommen. Waigel ist längst nicht mehr an der Spitze der Partei. Die, deren Vita er damals kritisiert hatte, sind jetzt an der Macht. Andreas Scheuer, der neue Generalsekretär der CSU, ist einer von ihnen. Bis gestern trug der 39-Jährige einen Doktortitel. Jetzt hat er ihn abgelegt. Offiziell, weil die Anerkennung des in Prag erworbenen Titels so kompliziert sei. Zeitgleich waren aber auch Plagiatsvorwürfe aufgetaucht. 

„Die große Geschichte vom kleinen Doktor“, hatte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ getitelt und damit die CSU in Alarmbereitschaft versetzt. Ausgerechnet jetzt, wo es für Horst Seehofer gerade so super läuft, droht der Partei ein neue Fall wie Karl-Theodor zu Guttenberg.

Es geht um einen Bindestrich, der den CSU-General jetzt als Abschreiber entlarvt. Auf Seite 18 seiner Doktorarbeit mit dem Titel „Die politische Kommunikation der CSU im System Bayern“ schreibt er über „Franz-Josef Strauß“. Dabei wird jedem Schwarzen beim Eintritt in die Partei eingeimpft, dass kein Strich zwischen dem Franz und dem Josef Platz hat. Das hätte gerade Scheuer wissen müssen. Neben seinem Politik-Studium arbeitete er von 1998 bis 1999 für den damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber. Und der war praktisch eins mit Franz Josef Strauß.

Stoibers Kanzlerkandidatur 2002 schwemmte auch Scheuer in den Bundestag. Ein Jahr nach seinem Studienabschluss war der JU-Chef von Passau Abgeordneter in Berlin. Sein neuer Titel MdB, Mitglied des Bundestags, reichte ihm nicht aus. Wie bei Guttenberg musste nun ein Doktortitel dazu. Der gilt in Bayern bei den Wählern was und zieht kräftig Stimmen.

Viel Mühe wollte sich Scheuer damit nicht machen. Er reichte seine Doktorarbeit auf Deutsch in Prag an der Karls-Universität ein. Dort gibt es einen sogenannten „kleinen Doktorgrad“, den „Doktor filozofie“. Aber wer soll das schon merken, wenn am Ende die zwei Buchstaben vor seinem Namen stehen?

Nicht mal die Kleinschreibung angepasst

Als Dr. Scheuer dann in Niederbayern den dortigen CSU-Platzhirsch Klaus Rose abservierte, um an dessen sicheres Direktmandat zu kommen, begann der Ärger mit seinem Titel. Die Staatsanwaltschaft ermittelte, ob er den überhaupt tragen darf – und stellte das Verfahren ein. 2003 hatte nämlich die CSU-Regierung verfügt, dass im Freistaat ausländische „Grade und Titel“ genehmigungsfrei geführt werden dürfen. Das ist sonst nur noch in Berlin erlaubt.

2004 bekam Scheuer seinen Titel in Prag verliehen. Natürlich übersah man dort den Bindestrich beim Franz Josef. Der flog erst jetzt auf – und gab so den Hinweis, dass nicht nur der Doktortitel ein bisschen klein ist, sondern womöglich auch nicht nur auf Eigenleistung beruht. Den Fehler hatte die „Bundeszentrale für politische Bildung“ begangen mit einem Beitrag, der von der Uni Münster stammt: „Politische Arbeit und Erfolge dieser Partei sind untrennbar mit dem Namen Franz-Josef Strauß verbunden...“ In Scheuers Arbeit taucht der ganz Absatz auf. Nur mit einem „Die“ davor. Dabei machte sich der Autor nicht mal die Mühe, das große P von „Politische Arbeit“ nach dem „Die“ kleinzuschreiben.

Der CSU-General ist ein lässiger Typ. Da geht nicht immer alles so genau. Auch das Tragen seines Titels hat er nicht auf die Grenzen des Freistaats und der Hauptstadt beschränkt. Als Bundesverkehrsstaatssekretär reiste er als Dr. Scheuer vier Jahre kreuz und quer durch die Republik.

Den Plagiatsvorwurf will Scheuer noch nicht einräumen: „Eine detaillierte Überprüfung der Arbeitsunterlagen für die Promotion hat ergeben, dass sich dort keine Textdokumente der Universität Münster finden. Ich werde gleichwohl die Universität Münster bitten, über Autorschaft und Entstehungsdatum des dortigen Texts Auskunft zu geben“, ließ er erklären.

Für Bayerns SPD-Chef Florian Pronold reicht das nicht aus. „Eine seriöse Aufklärung des Sachverhalts ist weiterhin nötig. Im Raum steht schließlich der Vorwurf des Plagiats. Mit dem Verzicht auf den Doktortitel ist es noch nicht getan.“

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