Amnesty: Mehr als die Hälfte aller Länder foltert immer noch

London/Berlin - In mehr als der Hälfte der Länder der Welt wird nach Angaben von Amnesty International immer noch gefoltert.
Die Menschenrechtsorganisation legt an diesem Dienstag ihren jüngsten Folter-Jahresbericht vor, wonach es aus insgesamt 141 Staaten glaubwürdige Informationen über grausame Misshandlungen gibt. In Ländern wie Nordkorea, Syrien oder Mexiko gehören Folterungen demnach systematisch zur Tagesordnung. Zudem werden die Foltermethoden immer brutaler.
Die „Taube“, wie freundlich nach Frieden und Freiheit das klingt. Doch der Name täuscht. Die „Taube“ ist eine besonders schlimme Foltermethode aus den Gefängnissen von Nordkorea: Die Hände werden dem Opfer auf den Rücken gebunden, mit Handschellen und den Handflächen nach außen. Dann wird es so an die Wand gekettet, dass es weder sitzen noch stehen kann, sondern in die Knie muss. Die Schmerzen sind schon nach kurzer Zeit kaum noch auszuhalten.
Wie die „Fledermaus“, die man aus China kennt: Das Opfer wird, wie einer der kleinen Säuger, kopfüber in die Höhe gehängt. Lange hält das niemand aus. Beim „Käfig“ wiederum ist die Zelle so eng, dass der Blutstrom in Arme und Beine abgequetscht wird und die Haut sich braun verfärbt. Fließt das Blut zurück, verursacht das höllische Schmerzen.
Der Generalsekretär von Amnesty International, Salil Shetty, kritisierte: "Rund um die Welt praktizieren Regierungen beim Thema Folter eine Doppelmoral: Per Gesetz wird sie verboten und in der Praxis erleichtert." Immer mehr Staaten versuchten inzwischen, Folter mit den Interessen der nationalen Sicherheit zu rechtfertigen. Dabei wirft Amnesty den USA vor, mit den Methoden ihres "Kriegs gegen den Terror" ein schlechtes Vorbild geliefert zu haben.
Aus Deutschland gab es nach Amnesty-Angaben in den vergangenen fünf Jahren keine Berichte über Folter, jedoch mehrfach über Misshandlungen durch die Polizei. Die Bundesrepublik gehörte zu den ersten Staaten, die vor 30 Jahren die Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen unterzeichneten. Inzwischen haben 155 Länder die Vereinbarung ratifiziert. Amnesty zufolge wird jedoch auch in "mindestens 79" dieser Länder gefoltert.
Weltweit häufigste Form der Folter und Misshandlung ist dem Bericht zufolge das Verprügeln. Weit verbreitet sind auch Stromstöße und Isolationshaft. In vielen Ländern werden die Opfer in unnatürliche Körperhaltungen gezwungen, die schnell große Schmerzen bereiten. Auf den Philippinen wurde sogar ein drehbares "Glücksrad" mit verschiedenen Folterpraktiken entdeckt, mit dem Polizisten darüber entscheiden ließen, wie sie ihre Opfer quälten.