Amnesty-Bericht: Folter und Misshandlung in Nigeria
UntAbuja - er dem Titel "Willkommen im Höllenfeuer: Folter und andere Misshandlungen in Nigeria" wurden die erschreckenden Ergebnisse am Donnerstag in der Hauptstadt Abuja vorgestellt.
Die von Polizei und Militär angewandten Praktiken reichten von sexuellem Missbrauch, schweren Schlägen und Elektroschocks bis hin zum Herausreißen von Finger- und Fußnägeln und Zähnen. Inhaftierten werde der Zugang zur Außenwelt verweigert - darunter auch zu Anwälten und Familienangehörigen. Ziel sei es, die Opfer zu Schuldgeständnissen und zur Zahlung von Geld zu zwingen.
"Folter ist in Nigeria noch nicht einmal eine strafbare Handlung", kritisierte Amnesty-Experte Netsanet Belay. Das Parlament müsse umgehend Schritte ergreifen, damit Polizisten und Soldaten künftig für derartigen Machtmissbrauch bestraft würden.
Was inhaftierte Frauen, Männer und teilweise erst zwölf Jahre alte Kinder in dem westafrikanischen Land erleiden müssten, sei selbst für abgehärtete Menschenrechtler schockierend, so Amnesty. So berichtete die 24-jährige Abosede, sie sei von einer Polizistin aufgefordert worden, sich komplett auszuziehen. "Dann hat sie mir die Beine auseinandergehalten und mir Tränengas in die Vagina gesprüht." Dann wurde sie aufgefordert zuzugeben, dass sie einen bewaffneten Raubüberfall begangen habe. Sie leide bis heute unter schweren Unterleibsschmerzen.
Auch das Militär vergehe sich bei der Suche nach mutmaßlichen Mitgliedern der radikalislamischen Terrorgruppe Boko Haram regelmäßig an Gefangenen, so der Bericht weiter. Der 15-jährige Mahmood aus dem nördlichen Bundesstaat Yobe wurde von Soldaten zusammen mit etwa 50 weiteren Jugendlichen festgenommen. Er berichtete den Amnesty-Mitarbeitern, dass er regelmäßig mit Stöcken, Waffen und Macheten geschlagen worden sei. Zudem hätten die Soldaten ihm schmelzendes Plastik auf den Rücken geschüttet und ihn gezwungen, über zerbrochenes Glas zu laufen.
Ein anderer Nigerianer erzählte, er sei zusammen mit neun weiteren Männern mehrere Tage lang in ein tiefes Erdloch gesteckt worden. Einer der Gefangenen sei mit einem säuregetränkten Kabel gefesselt gewesen. Immer wieder hätten die Wächter kaltes Wasser oder heißes Plastik auf sie geschüttet.
Ein weiteres Opfer berichtete von wahren Folterkammern mit von der Decke hängenden Seilen, Eisenstäben und anderen Metallgegenständen in allen Formen und Größen. "Zudem stehen Wassereimer für den Fall bereit, dass jemand ohnmächtig wird oder stirbt, bevor er ein schriftliches Geständnis unterzeichnet hat."
Misshandlungen seien im nigerianischen Polizeisystem so weit verbreitet, dass es vielerorts einen "für Folter verantwortlichen Beamten" gebe. "Nigeria muss gegen alle Polizisten ermitteln, gegen die glaubhafte Vorwürfe wegen Folter vorliegen. Sie müssen suspendiert und vor Gericht gebracht werden", forderte Amnesty. Kein einziges der befragten Missbrauchsopfer habe von der nigerianischen Regierung eine Entschädigung erhalten.
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