Amerika liegt ihm zu Füßen

Der Sieg des nächsten Präsidenten wird zum Triumphzug. Barack Obama berauscht Hunderttausende mit seiner Siegesrede – aber die Probleme warten nicht
Sein Schritt federt wie immer, der Jubel ist ungeheuer. 200000 Menschen schreien, schwenken Fahnen oder brechen in Freudentränen aus, als Barack Hussein Obama, Sohn eines Kenianers und einer Frau aus Kansas, ans Pult zu seiner Siegesrede unter der Nacht von Chicago tritt. „Change has come to America“, „der Wechsel ist nach Amerika gekommen“, sagt Obama und die Welt liegt ihm zu Füßen in diesem Augenblick.
Kein Wort schien groß genug, um die epochale Wahl zu beschreiben, deren historische Dimension die ganze Welt erfasst. Erstmals wird ein Schwarzer Präsident in einem Staat, in dem noch vor fünf Jahrzehnten Rassentrennung herrschte. Mit seiner Siegesrede findet eine Karriere einen Höhepunkt, die mit einer wechselvollen Kindheit begann. Am 8. August 1961 als Sohn einer Weißen und eines kenianischen Austauschstudenten geboren, wuchs der junge Barack (arabisch für: Segen) in Indonesien mit dem neuen Mann der Mutter und in Hawaii bei den Großeltern auf.
Er studiert Politik und leistet Sozialarbeit in Chicago, Er studiert in Harvard und strebt mit Ehrgeiz und Erfolg in die Politik. Seit 2004 sitzt er im Senat in Washington. Als 43-jährigem wird ihm die Ehre zuteil, den Nominierungsparteitag für den demokratischen Präsidentschaftskandidaten John Kerry zu eröffnen. Der jugendliche Senator mit der ungeheuren Ausstrahlung stiehlt allen die Show, selbst Kerry kommt nicht so gut an.
Welpen für die Mädchen - Nadelstiche aus Moskau
Auch privat scheint alles ok zu sein bei Obama. In Chicago hat er die erfolgreiche Anwältin Michelle kennengelernt . Sie heiraten 1992, Barack nennt Michelle in seiner Siegesrede „die Säule der Familie und die Liebe meines Lebens“. Malia (10) und Sasha (7) , die beiden Töchter, sollen auch was vom Sieg ihres Papas haben. In seiner ansonsten politischen Siegesrede sagte der gewählte Präsident in Richtung seiner Mädchen: „Ich liebe euch beide mehr, als ihr euch vorstellen könnt, und ihr habt euch das neue Hündchen verdient, das mit uns ins Weiße Haus einzieht.“
Allzuviel Idylle wird der Präsident dort nicht erleben, Die Last der anstehenden Probleme ist ungeheuer: Die Russen setzten gleich mal eine Duftmarke, idem sie die Stationierung neuer Raketen im Baltikum ankündigten. Ein kleiner Nadelstich gegen das geplante US-Raketenabwehrsystem, aber bei weitem nicht das drängendste Problem für Obama.
Die Menschen, die seine Wahl mit Freudentänzen und Umarmungen im ganzen Land feierten, wollen von ihrem neuen Präsidenten vor allem eins: eine wirtschaftliche Perspektive. Das Thema Ökonomie überlagerte alles andere. Irak und Umwelt spielten nur eine untergeordnete Rolle. Und der Sicherheitsaspekt, den Rivale John McCain stets groß geschrieben hatte, verfing bei den Wählern überhaupt nicht.
„Zwei Kriege, ein Planet in höchster Gefahr und eine Finanzkrise in einem Jahrhundert“, umreißt der künftige Präsident seine Aufgaben. Und er vermeidet den Anschein des Softies: „An diejenigen, die diese Welt niederreißen wollen: „Wir werden Euch besiegen.“
Aber, gute Nachrichten für alle, die nicht an Gewalt glauben. „Die Stärke unserer Nation richtet sich nicht nach der Macht unserer Waffen, oder dem Ausmaß unseres Wohlstandes, sondern von der Kraft unserer Ideale.“
Matthias Maus