Amerika feiert Obama Superstar
Viel Jubel für die Rede des ersten schwarzen Kandidaten – und ziemlich viel Show. Zum ersten Mal setzte Obama aber bei seiner Rede nicht alleine auf Rhetorik und vages Geschwärme vom „Wandel“, sondern äußerte sich inhaltlich.
DENVER Kein Opernregisseur hätte diese Inszenierung besser hinbekommen: Barack Obama, der erste schwarze Präsidentschaftskandidat der USA, steht am 45. Jahrestag der „I have a dream“-Rede von Martin Luther King vor 80000 Menschen auf der Bühne, in einer Wolke aus Konfettischnipseln. Delegierte drunten im Publikum schluchzen hemmungslos, die Stimmen der sonst so nüchternen Polit-Kommentatoren überschlagen sich wie beim Super-Bowl-Finale, und rings um das Stadion von High-Mile steigt Feuerwerk weiß-blau-rot in den Himmel. Die große Obama-Superstar-Show wirkte so bombastisch und ergreifend – regelrecht unheimlich. Die Pekinger Olympia-Regisseure hätten sich hier noch was abschauen können.
Dabei sollte die große Abschlussrede Barack Obamas gerade nicht wie ein riesiges Rockkonzert rüberkommen – zu oft hatten die Republikaner Obama vorgeworfen, nur ein Zeitgeist-Sternchen à la Paris Hilton oder Britney Spears zu sein und über keine politische Substanz zu verfügen.
Der Spagat
Der Spagat hieß also: was fürs Herz der Demokraten bieten, gleichzeitig inhaltlich punkten. Trotz Rockstar-Gehabe – die Rechnung scheint aufgegangen. Quer durch alle politischen Lager wurde die Rede Barack Obamas überschwänglich gelobt.
Zum ersten Mal setzte Obama nicht alleine auf Rhetorik und vages Geschwärme vom „Wandel“, sondern äußerte sich inhaltlich: Er wolle die Kapitalertragssteuern für Kleinunternehmen abschaffen und Steuerkürzungen für Konzerne beenden. Und: „In zehn Jahren will ich unsere Abhängigkeit vom Öl aus dem Nahen Osten beenden“, sagte er. 150 Milliarden Euro will er für erneuerbare Energien ausgeben.
Geschickt ging Obama gezielt auf die Schwachpunkte ein, die ihm vorgeworfen worden waren. Zum Thema Außenpolitik sagte er: „Als Oberbefehlshaber werde ich nie zögern, diese Nation zu verteidigen.“ Zum ersten Mal griff Obama auch direkt seinen Konkurrenten John McCain an: „Er sagt, er will Osama bin Laden bis an die Tore der Hölle verfolgen. In Wahrheit will er ihm noch nicht mal in seine Höhle folgen.“ Sein Kommentar zum Irak: „Man kann nicht eine Terrororganisation besiegen, die in 80 Ländern operiert, indem man in den Irak einmarschiert.“
"Das war eine Symphonie“
Das Lob danach war groß: „Das war keine Rede, das war eine Symphonie“, jubilierte Ex-Präsidentenberater David Gergen. „Endlich hat er mal Angriffslust gezeigt“, sagte Analyst Jeffrey Toobin. Und Republikaner-Beraterin Amy Holmes sagte: „Er hat es geschafft, die Angriffe auf sich ins Gegenteil umzudrehen.“
Sogar Kontrahent John McCain zollte Respekt. „Morgen streiten wir uns wieder. Aber heute sage ich: Gut gemacht!“, sagte McCain in einem TV-Spot. Ab Montag treffen sich die Republikaner zum Parteitag, dann geht der Wahlkampf erst richtig los. Wie heißt noch der Wahlkampfsong der Demokraten? „Ain’t stopping us now“ – Niemand kann uns mehr stoppen.