Am 4. Juni vor 20 Jahren: Pekings schwarzer Tag

PEKING - Panzer und Schüsse: In der Nacht zum 4. Juni 1989 walzt China den friedlichen Protest der Studenten nieder. Bis heute ist das Geschehen ein Tabu. Und zum Jahrestag zeigt die Regierung durch Internetsperren und Betretungsverbote, dass es von einer Aufarbeitung nichts wissen will.
Es war die große Tragödie des ansonsten so hoffnungsvollen Jahres 1989: Heute vor 20 Jahren beendete Chinas Regierung mit einem brutalen Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens die wochenlangen Proteste der Studenten. Mitten in Peking und anderen Städten hatten sich Tausende nach dem Tod des gestürzten Parteireformers Parteichefs Hu Yaobang versammelt.
Sie kämpften gegen Korruption und für Pressefreiheit und Demokratisierung. In der Kommunistischen Partei brach ein erbitterter Machtkampf los: Parteichef Zhao Ziyang, der Verständnis für die Studenten hatte, wurde entmachtet. Und die Hardliner um Ministerpräsident Li Peng ließen Panzer rollen und Gewehre sprechen. Hunderte starben in der Nacht zum 4. Juni.
Bis heute ist das Datum ein Tabu im Land. Und China reagierte jetzt einmal mehr auf die harte Tour: Der Platz wurde gesperrt. Und einem früheren Dissidenten wurde die Einreise nach Hongkong verweigert. Dort wenigstens durfte eine Gedenkveranstaltung stattfinden.
Internet-Seiten gesperrt
Auf mehr als 6.000 Websites seien Foren geschlossen worden, teilte das in Hongkong ansässige Informationszentrum für Menschenrechte und Demokratie am Mittwoch mit. Betroffen waren außerdem zahlreiche Blogs von Regierungskritikern wie der Künstlerin Ai Weiwei. Der Kurzmitteilungsdienst Twitter konnte in China ebenso wenig aufgerufen werden wie das Foto-Portal Flickr. Der Videodienst YouTube ist schon seit März gesperrt.
Die Regierung habe für die Sperrung internationaler Seiten bislang keine Erklärung geliefert, sagte ein Sprecher von Yahoo, das den Flickr-Dienst betreibt. Eine derartige „umfassende Restriktion ohne rechtliche Grundlage ist unvereinbar mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung“, kritisierte Firmensprecher Jason Khoury.
In Peking verwehrte die Polizei Fotografen und Kameraleuten den Zugang zum Platz des Himmlischen Friedens und erklärten, dafür sei ein besonderer Passierschein notwendig. In den vergangenen Tagen wurden Journalisten vorübergehend festgenommen, die auf dem Platz im Herzen der Hauptstadt Aufnahmen machen oder Interviews mit Dissidenten führen wollten, wie die Vereinigung ausländischer Journalisten in China mitteilte.
Die ehemalige Professorin Ding Zilin, deren Sohn bei den damaligen Protesten getötet wurde, stand nach eigenen Angaben unter Hausarrest. Rund ein Dutzend Sicherheitskräfte hätten sie und ihren Mann am Mittwochmorgen daran gehindert, ihre Pekinger Wohnung zu verlassen, sagte Ding telefonisch. Am Dienstag wurde ein weiterer Dissident, Wu Gaoxing, abgeführt und offenbar ebenfalls unter Hausarrest gestellt. Der Sekretär des früheren Ministerpräsidenten Zhao Ziyang, Bao Tong, wurde aus Peking ausgewiesen und von Sicherheitskräften in seine Heimatprovinz Zhejiang gebracht.