Altersarmut: Düstere Aussichten für Neurentner
Für Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer steht fest: Bis 2030 ist die Rente gut geregelt. Beitragserhöhungen stünden nicht zur Debatte, das Altersgeld sei beachtlich erhöht worden. Die Politik habe nun genügend Zeit, sich über die Zeit nach 2030 Gedanken zu machen. Von einem Rentenwahlkampf will in der Union niemand etwas wissen.
Doch eine neue Studie weckt Sorgen. Jeder fünfte Neurentner wird im Jahr 2036 von Altersarmut bedroht sein, warnt die Bertelsmann-Stiftung in ihrem gestern vorgestellten Report. Die Ergebnisse im Überblick:
Die Zahlen: Insgesamt steigt laut der Studie die Armutsrisiko-Quote in der Altersgruppe der dann 67-Jährigen in den kommenden Jahren von heute 16 auf 20 Prozent im Jahr 2036 an.
Die Betroffenen: Besonders betroffen sind alleinstehende Frauen, Menschen ohne Berufsausbildung und Langzeitarbeitslose (siehe auch Grafik). Laut Simulationsberechnungen wird besonders der Anteil der Frauen dramatisch ansteigen, die von staatlichen Leistungen abhängig werden, weil ihr Einkommen nicht fürs Leben reicht. Laut Studie steigt ihr Anteil von heute 16,2 auf 27,8 Prozent im Jahr 2036 an.
Die Berechnung: Für die Studie haben das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Simulationsberechnungen gemacht. Basis sind Haushaltsdaten, mit denen die zukünftigen Alterseinkommen aus gesetzlicher, privater und betrieblicher Altersvorsorge prognostiziert werden. Rentner gelten heute als armutsgefährdet, wenn ihr Netto-Einkommen unter 958 Euro liegt.
Die Ursachen: Als Ursache für die wachsende Altersarmut sehen die Studien-Autoren zwei Gründe: Die Zunahme von Unterbrechungen im Arbeitsleben und unsichere Beschäftigungsverhältnisse im Niedriglohnsektor. Zum anderen sinkt das Rentenniveau durch die demografische Entwicklung kontinuierlich. Laut der Bertelsmann-Stiftung entfalten die zum Ausgleich geschaffenen Instrumente der privaten Altersvorsorge, aber nicht die gewünschte Wirkung.
Die Forderungen: "Wir brauchen weitere Reformen für den Ruhestand: Wenn die Babyboomer-Generation in Rente geht, könnte es zu einem bösen Erwachen kommen. Um das Alterssicherungssystem zukunftsfest zu gestalten, müssen wir es heute an die veränderten Rahmenbedingungen der Arbeitswelt anpassen", so Aart de Geus, Chef der Bertelsmann Stiftung. Studien-Autor Christof Schiller fordert eine bessere Integration der Risikogruppen in den Arbeitsmarkt.
Die Reaktionen: "Die aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung macht erneut deutlich, wie groß der Handlungsbedarf beim Thema Altersarmut ist. Diese Tatsache kann auch die CDU nicht länger ignorieren", warnt Ulrike Mascher, Präsidentin des Sozialverbands VdK.
Annelie Buntenbach, Vorstandsmitglied im Deutschen Gewerkschafts-Bund kritisiert: "Die Zahlen zeigen, die Bundeskanzlerin irrt, wenn sie meint, man müsse bis 2030 nichts tun und könne notwendige Entscheidungen mit einer Rentenkommission auf die lange Bank schieben."
Rentenkasse macht Milliarden-Minus
Die Rentenkasse hat laut einem Zeitungsbericht im vergangenen Jahr ein Minus von 2,2 Milliarden Euro eingefahren. Damit sei das Minus bei der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) gegenüber dem Vorjahr um gut 600 Millionen Euro höher ausgefallen, berichten die Dortmunder "Ruhr Nachrichten" unter Berufung auf die Kabinettsvorlage zum Entwurf für den Bundeshaushalt 2018, die an diesem Mittwoch beraten werden soll.
Grund für das größere Minus seien höhere Ausgaben als 2015. Im Jahr 2014 hatte die GRV noch einen Überschuss von 3,16 Milliarden Euro erzielt, 2015 rutschte sie dann mit 1,59 Milliarden Euro in die roten Zahlen.
Das abermals gestiegene Minus der Rentenkasse im vergangenen Jahr mache aber keinen Anstieg des Beitragssatzes von derzeit 18,7 Prozent erforderlich, heißt es dem Bericht zufolge in dem Regierungsentwurf des Bundesfinanzministeriums. Der aktuelle Beitragssatz könne voraussichtlich bis 2021 stabil bleiben.
- Themen:
- CDU
- CSU-Vorsitzende
- Horst Seehofer