Alternative zu Merkel?

Die Anti-Euro-Partei „Alternative für Deutschland“ will sich am Samstag formell gründen. Der Zulauf ist enorm. Am Ende könnte sie sogar Schwarz-Gelb verhindern.
BERLIN Eine neue Partei macht Union und FDP nervös: die Anti-Euro-Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD). Innerhalb kürzester Zeit hat die Gruppe mehr als 7000 Mitglieder gewonnen. Eine Infratest-Umfrage prognostiziert der Partei ein theoretisches Wählerpotenzial von 24 Prozent. Am Samstag will die AfD in Berlin ihren Gründungsparteitag abhalten. Die AZ hat sich die neue Partei angeschaut.
Wer steckt hinter der AfD?
Ins Leben gerufen wurde die Partei von dem Hamburger Volkswirtschaftsprofessor Bernd Lucke, den Publizisten Konrad Adam und Alexander Gauland und der Chemikerin und Unternehmerin Frauke Petry. Der bekannte Euro-Skeptiker, Ex-BDI-Chef Hans Olaf Henkel gehört zu den Unterstützern, ist aber kein Parteimitglied.
Was will die AfD?
Zentraler Leitspruch ist: „Deutschland braucht den Euro nicht.“ Der Name ist bewusst gewählt in Abgrenzung zum Merkel-Slogan, die Euro-Rettung sei alternativlos. Die Partei fordert eine „geordnete Auflösung des Euro-Währungsgebietes“, schreibt sie in ihrem vorläufigen Programm. Außerdem will sie die „Wiedereinführung nationaler Währungen oder die Schaffung kleinerer und stabilerer Währungsverbünde“. Die Wiedereinführung der D-Mark dürfe kein Tabu sein. Die AfD fordert, dass die Kosten für die Euro-Rettung von Banken getragen werden und dass überschuldete Staaten wie Griechenland durch Schuldenschnitt entlastet werden. Außerdem will sie mehr direkte Demokratie und einen Rückbau der Kompetenzen für Brüssel.
Ist der Euro das einzige Thema?
Andere Politikfelder sind bisher noch nicht besonders ausgefeilt: Beim Thema Familie und Rente stehen bisher nur Stichpunkte im Programm. Zum Beispiel: „Wir fordern, dass die Höhe der Renten langfristig garantiert wird“. Oder: „Deutschland muss kinder- und mütterfreundlicher werden“. Wegen Sätzen wie „eine ungeordnete Zuwanderung in unsere Sozialsysteme muss unbedingt unterbunden werden“ werfen Kritikern der AfD vor, rechtspopulistisch zu argumentieren. Allerdings steht auch im Programm, dass „ernsthaft politisch Verfolgte in Deutschland Asyl finden müssen“ und dass es Asylbewerbern erlaubt sein muss, hier zu arbeiten.
Wer sind die Mitglieder?
„Nach der Studentenrevolte der Sechziger kommt nun der Aufstand der Professoren“, schreibt der „Spiegel“ – tatsächlich hat die Mehrheit der Unterstützer auf der AfD-Liste ein „Prof. Dr.“ vorm Namen stehen. Viele Volkswirtschaftler sind dabei, aber auch Natur- und Politikwissenschaftler, Juristen und Mediziner. Das Durchschnittsalter ist hoch, Gründer Lucke gilt mit seinen 50 als der Jungspund. Der Frauenanteil ist niedrig. Rund 730 Mitglieder waren früher in der Union, fast 380 kommen aus der FDP und rund 350 aus der SPD. Wenige sind von Grünen oder Piraten. Auch aktive Parteipolitiker wechseln zur AfD: Zum Beispiel der ehemalige Frankfurter Finanzdezernent Albrecht Glaser (einst CDU) und der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP im Regionalrat Stuttgart, Ronald Geiger. Auch die Freien Wähler müssen Federn lassen: Der Schatzmeister des Verbandes Saarland, Stephan Kunz, trat erst am Donnerstag zur AfD über, während der restliche Freie-Wähler-Landesvorstand zurückgetreten ist. In Berlin nahm FW-Chef Christian Schmidt gleich 30 Leute mit zur AfD.
Wer sind die potenziellen Wähler?
Die infratest-dimap-Umfrage hat Schwarz-Gelb aufgeschreckt: 24 Prozent der Deutschen können sich vorstellen, die Partei zu wählen. 7 Prozent sagten dazu „Ja, sicher“, 17 Prozent antworteten mit „Ja, vielleicht“. Sorgen machen müssen sich alle etablierten Parteien, von der Linken über die SPD bis hin zur FDP: Sie könnten alle erheblich Wähler verlieren. Allerdings ist längst nicht klar, ob am Ende wirklich so viele Deutsche die AfD wählen und ob die Partei den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schafft, sagt Infratest-Chef Richard Hilmer: „Die Mehrheit der Bevölkerung hat in der Krise immer noch großes Vertrauen in die Politik der Bundesregierung.“ Zittern müssen Union und FDP aber trotzdem: Wenn sich genug rechtskonservative CDU-Wähler, die von Merkels Kurs in die Mitte frustriert sind, abwenden, könnte es am Ende weder für Schwarz-Gelb noch für Rot-Grün reichen. Und dann käme es zu einer Großen Koalition.