Als sterblich enttarnt

Der AZ-Chefreporter Matthias Maus über den Nutzen von Bin Ladens Tod.
von  Matthias Maus

Nein, es ist nicht richtig, wenn sich eine Kanzlerin über den Tod eines Menschen freut. Ja, es ist völkerrechtlich höchst selten gedeckt, wenn man jemanden umbringt. Nein, es gibt keinen Beweis, dass die Welt ein besserer Platz wird nach dem Tod des Osama bin Laden. Aber, und es ist ein großes Aber: Der Tod bin Ladens wird vermutlich mehr nützen als schaden.

Das allein ist noch kein Argument. Aber man sollte bei der doch etwas grüblerischen, um nicht zu sagen: zutiefst deutschen Diskussion ein paar Dinge nicht vergessen. Das Prinzip von Ursache und Wirkung beispielsweise. Es war bin Laden, der durch seine Taten die Achtung vor dem Wert eines Menschenlebens mit Füßen getreten hat – und zwar tausendfach. Nun haben US-Spezialeinheiten diesen Mann getötet, der auch noch unbewaffnet war. Daraus Mord, das heißt: aus niederen Motiven an einem Wehrlosen zu konstruieren, ist abwegig. Bin Laden war weder unschuldig noch wehrlos. Hätten ihn die Amerikaner nicht zehn Jahre gejagt, hätte er mit seiner mörderischen Intelligenz weitere Massaker geplant und exekutiert.

Bin Laden war kein Monster, er war ein Mensch. Er war aber auch ein Gesamtkunstwerk des Bösen. Für diejenigen, denen er Märtyrer und Held ist, war er das schon zu Lebzeiten. Daran ändert sein Tod nichts. Mit seinem Tod ist er als Sterblicher enttarnt, der alles verloren hat. Weniger als man glaubt, werden ihn betrauern.

 

 

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