Alleinerziehende: 40 Prozent leben von Hartz IV

Das ist die Schattenseite des Familienberichts: In Deutschland können 40 Prozent der Alleinerziehenden nur mit Hartz IV überleben. „Die Kinderarmut ist beschämend“, räumte Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) zähneknirschend ein.
von  Abendzeitung
Arbeiten ja bitte - aber wohin dann mit dem Kind? Alleinerziehende in Deutschland.
Arbeiten ja bitte - aber wohin dann mit dem Kind? Alleinerziehende in Deutschland. © AP

BERLIN - Das ist die Schattenseite des Familienberichts: In Deutschland können 40 Prozent der Alleinerziehenden nur mit Hartz IV überleben. „Die Kinderarmut ist beschämend“, räumte Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) zähneknirschend ein.

40 Prozent der alleinerziehenden Eltern in Deutschland leben von Hartz IV. Das seien etwa 660 000 Mütter oder Väter mit rund einer Million Kindern, gab Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen am Montag in Berlin bei der Vorstellung ihres Familienreports bekannt – und wies damit auf die Schattenseite des Baby-Booms hin, für den sie sich tags zuvor noch hatte feiern lassen (AZ berichtete).

Offenbar gebe es bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Deutschland noch erheblichen Handlungsbedarf, räumte die CDU-Politikerin zerknirscht ein. Bei einer Umfrage hätten 43 Prozent der befragten Alleinerziehenden angegeben, für eine Arbeitsaufnahme Kinderbetreuung zu benötigen. Nur drei Prozent jedoch hätten bei der Jobsuche auch entsprechende Betreuungsangebote erhalten.

Gerade inmitten einer Wirtschaftskrise sei ein weiterer Ausbau der staatlichen Familienförderung unverzichtbar, argumentierte von der Leyen. Eltern müssten Arbeit und Kinder gut miteinander verbinden können, mehr frühkindliche Betreuung sei unabdingbar. „Wenn Vater und Mutter über einen Arbeitsplatz verfügen und für Kinderbetreuung optimal gesorgt ist, halbiert sich das Risiko, durch Arbeitslosigkeit in Armut zu rutschen.“ Wenn die Politik den von ihr eingeschlagenen Kurs weiter verfolge, werde sich die Krise auch nicht so dramatisch auf die Geburtenentwicklung auswirken, wie dies von vielen befürchtet werde.

Der Familienforscher und Leyen-Berater Hans Betram erinnerte daran, dass nach der Weltwirtschaftskrise 1929 in den Industrienationen die Geburtenzahl ins Bodenlose gestürzt sei – ebenso in der DDR nach der Wende. Umso wichtiger sei es, dass Eltern heute auf staatliche Familienleistungen bauen können müssten.

Der Wiederanstieg der Geburtenzahlen in Deutschland in den vergangenen zwei Jahren ist laut von der Leyen „noch kein Grund für Euphorie, aber für Zuversicht.“ Nach Jahren des Rückgangs kamen 2007 erstmals wieder mehr Babys zur Welt – insgesamt 12000 mehr. 2008 wurden 690000 Kinder geboren, nochmal 5000 mehr als im Vorjahr. Gleichzeitig ist die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter zwischen 15 und 49 Jahren aber seit zehn Jahren rückläufig.

Die SPD unterstützt den Kurs von der Leyens: Alles, was die Ministerin bei CDU und CSU „für Familien rausholen“ könne, stoße bei der SPD auf Zustimmung, sagte Parteichef Franz Müntefering. Pläne, das Elterngeld auszuweiten und mehr Väter für die Regelung zu gewinnen, seien sinnvoll. Heftige Kritik übte die Opposition: „Es gibt keinen Grund zu feiern, wenn in Deutschland 2,4 Millionen Kinder und Jugendliche von Armut betroffen sind“, sagte die Grüne Ekin Deligöz. Die Linkspartei warf von der Leyen vor, „nur Plattitüden und Binsenweisheiten“ von sich zu geben. Erzürnt gab sich auch die FDP: Der Familienbericht sei „PR mit wenig Substanz“.

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