Alarmstufe Rot bei der FDP

BERLIN - Die FDP hat schon bessere Tage gesehen. Sogar Guido Westerwelle wird in Frage gestellt: „Lieber ein Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende“. Die Partei ist in Aufruhr.
Bei der FDP brennt die Hütte: Bei der Präsidiumssitzung herrschte am Montag offene Alarmstimmung, berichtet ein Teilnehmer – sogar vom Ende des Bündnisses war schon die Rede. Der Frust der Basis bricht sich immer öffentlicher die Bahn, und auch Parteichef Guido Westerwelle wird in Frage gestellt.
Den entscheidenden Testfall, ob die Koalition noch hält, sieht die FDP-Spitze bereits vor der Bundespräsidentenwahl, so ein Teilnehmer: nämlich in der Gesundheitsreformklausur am kommenden Woche. Kann sich Minister Philipp Rösler da nicht durchsetzen, könnte das „rasch zu einem Ende des Bündnisses führen. Davon hängt das Schicksal der Koalition ab“, sagt ein Spitzenfunktionär. „Es kann eine Situation entstehen, in der ein Ende mit Schrecken besser ist als ein Schrecken ohne Ende.“
Am gleichen Wochenende ist der Parteitag der Hessen- FDP, eine der Haupt-Aufständischen gegen Westerwelle. Landesparteichef Jörg-Uwe Hahn denkt laut darüber nach, dabei einen Antrag zu unterstützen, der den Rücktritt Westerwelles fordert, „weil er mit seinen Fehlern und seinem Verhalten die Partei in eine existenzielle Krise stürzt“. Statt Hahn zu rüffeln, sprach Westerwelles General Lindner milde von einem „Debatten-Beitrag zur Analyse der Lage“. Er kündigte eine Neuaufstellung der Partei an, die bei einer Klausur Ende Juni besprochen werden soll. Westerwelle selbst erklärte unüblich defensiv, dass er sein Amt behalten werde – auch Merkel habe ihre Ämter ja gebündelt.
Doch an der Basis brennt es – aus Frust, wie schnell der Erfolg verspielt wurde. Der frühere bayerische Landtagsabgeordnete Dietrich von Gumppenberg, der mit anderen zusammen die Initiative „Wir sind die Partei – Pro Koalition“ gegründet hat: „Die Stimmung ist sehr kritisch. Die Partei ist in allerkürzester Zeit auch aus eigenen Versäumnissen halbiert worden.“ Jetzt müsse zunächst die Wahl von Wulff gerettet werden, „sonst ist die Koalition am Ende“.
Selbst die Vize-Chefin der Bayern-FDP, die Landtagsabgeordnete Renate Will, ist gegen Wulff und für eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes. „Die Stimmung an der Basis ist beunruhigend“, sagt sie. „So kann’s nicht weiter gehen.“ Ihr niederbayerischer Kollege Franz Kirschner sagt’s noch drastischer, was er jeden Tag zu hören bekommt: „Das ist eine Katastrophe. Die in Berlin müssen endlich den Menschen sagen, dass sie nicht mehr halten können, was sie versprochen haben.“ tan/bö