Aigner stoppt den Genmais

BERLIN - Aus für MON 801: Der genmanipulierte Mais darf in Deutschland nicht mehr angebaut werden. Das hat Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner verfügt - zum Beifall von Schwarz und Grün
Breiter Beifall für diese Entscheidung: Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner hat gestern die genmanipulierte Maissorte MON 801 für Deutschland verboten – gerade noch rechtzeitig, da in wenigen Tagen die Aussaat begonnen hätte. Umso schneller will nun der Hersteller Monsanto klagen.
Wie begründet Aigner ihren Schritt? Sie sei zu dem Schluss gekommen, „dass es berechtigten Grund zur Annahme gibt, dass dieser Mais eine Gefahr für die Umwelt darstellt“, so die CSU-Ministerin. Sie stütze sich dabei auf „neueste Studien“, die Schäden auch für andere Organismen als den Maiszünsler (siehe Kasten) nahelegen. Sie habe sich „an der internationalen Szene orientiert“, sagte Aigner mit Verweis darauf, dass auch Frankreich, Österreich und Ungarn MON 801 verboten haben, obwohl er EU-weit erlaubt ist.
Wie sind die Reaktionen? Fast durchgängig gut. CSU-Chef Horst Seehofer wie auch Bayerns Umweltminister Markus Söder (CSU) hatten ihre Parteifreundin vehement zu diesem Schritt aufgefordert und zeigten sich entsprechend erfreut. „Das ist mutig und richtig“, lobte Söder. Genau so viel Beifall kam aber auch von den Grünen, der SPD, der Linken und vielen Umweltverbänden. Die Grünen erinnerten aber daran, dass es Seehofer selbst war, der als damaliger Bundesagrarminister MON 801 zugelassen hat. Bei den Bürgern sind ohnehin über 70 Prozent gegen Gentech-Pflanzen. Der Bund Naturschutz erklärte, die Verdachtsmomente gegen Genmais seien so zahlreich, dass ein Verbot zwingend gewesen sei. In Kitzingen, wo drei Monsanto-Kunden Bayerns größtes Genmais-Anbaugebiet unterhalten, wurde gefeiert. Landrätin Tamara Bischof (FW): „Wir glänzen lieber durch unseren Frankenwein.“ Eine Karte der Anbaugebiete gibt’s unter www.greenpeace.de.
Wer sind die Gegner? Von den politischen Parteien einzig die FDP. „Aigner hat sich dem Druck aus Bayern gebeugt und verbietet gegen ihre Überzeugung und gegen rechtsstaatliche Prinzipien den Anbau einer Mais-Sorte, die sich auch in Deutschland bewährt hat“, so die Abgeordnete Christel Happach-Kasan. Aigner hatte sich 2005 als forschungspolitische Sprecherin noch sehr gentechnikfreundlich ausgesprochen. Auch Forscher wie Nobelpreisträgerin Christine Nüsslein-Vollhardt und der Münchner TU-Chef Wolfgang Herrmann sprachen von „unverantwortlicher Stimmungsmache“ und einem drohenden Exodus der Forscher.
Was spricht für Genpflanzen? Befürworter verweisen darauf, dass es zum Beispiel den Einsatz von chemischen Pestiziden reduziert. Oder dass es angesichts der wachsenden Weltbevölkerung zu Ertragssteigerungen verhilft.
Was sagen die Gegner? Sie halten die Technik für – noch – nicht beherrschbar und sehen unkalkulierbare Gefahren. So verbreiteten sich die Pollen von manipulierten Mais viel stärker als angenommen. Durch Bienen gelangten Pollen von MON 801 auch in Honig. Ein Augsburger Imker musste deswegen seinen gesamten Jahresertrag als Sondermüll in der Müllverbrennungsanlage entsorgen.
Was droht der Regierung? Monsanto, der Hersteller des Genmais, prüft nun „schnellstmöglichst“ eine Klage. Es geht um Schadenersatzansprüche in Höhe von sechs bis acht Millionen Euro. Gegen Frankreich läuft eine ähnliche Klage, ein Urteil liegt noch nicht vor. Der Knackpunkt ist, ob sich juristisch wasserdicht nachweisen lässt, dass von MON 801 tatsächlich eine Gefahr ausgeht – und dass der Mais nicht nur auf Vorbehalte stößt.
tan