Afghanen wählen neuen Präsidenten
Zum letzten Mal vor dem Ende des Nato-Kampfeinsatzes in ihrem Land sind die Afghanen heute zur Wahl eines Präsidenten aufgerufen.
Kabul - Präsident Hamid Karsai, der seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001 regiert, darf nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten.
Acht Kandidaten bewerben sich um die Nachfolge. Die radikalislamischen Taliban haben zum Wahlboykott aufgerufen und Anschläge angekündigt. Sorgen bereitet neben der Gewalt auch möglicher Wahlbetrug. Die Abstimmung markiert den ersten demokratischen Machtwechsel in der Geschichte des Landes.
Überaschattet wird die Wahl von dem tödlichen Anschlag auf die deutsche Foto-Reporterin Anja Niedringhaus im Osten des Landes. Die preisgekrönte Mitarbeiterin der US-Nachrichtenagentur Associated Press (AP) wurde am Freitag von einem Polizisten erschossen, wie AP bestätigte. Die mit Niedringhaus reisende kanadische AP-Reporterin Kathy Gannon wurde bei dem Beschuss in der Provinz Chost verwundet.
Ein anwesender freier Mitarbeiter von AP Television berichtete, ein Polizist sei auf das Auto mit den Reporterinnen zugekommen und habe mit den Worten "Allahu Akbar" (Gott ist Groß) das Feuer eröffnet. Die Taliban wiesen jede Verantwortung zurück. Niedringhaus (48) und Gannon (60) hatten jahrelange Erfahrung in der Region und anderen Konfliktgebieten. Die beiden Reporterinnen waren zur Berichterstattung über die Präsidentenwahl nach Chost gereist.
Karsai rief seine Landsleute am Donnerstagabend zur Teilnahme an der historischen Wahl auf. "Die Zukunft des Landes hängt von Ihren Stimmen ab", sagte der scheidende Amtsinhaber in einer Ansprache an die Nation. Der Präsident appellierte an die Kandidaten, das Wahlergebnis "im nationalen Interesse" zu akzeptieren. Die Wahlkommission geht von mehr als zwölf Millionen Wahlberechtigten aus. Vor dem Wahltag wurden die 352 000 afghanischen Sicherheitskräfte landesweit in höchste Alarmbereitschaft versetzt.
Als Favoriten gelten die früheren Außenminister Abdullah Abdullah und Salmai Rassul sowie Ex-Finanzminister Ashraf Ghani. Sollte kein Bewerber eine absolute Mehrheit erhalten, ist für den 28. Mai eine Stichwahl vorgesehen.
Der Kampfeinsatz der Nato-geführten Internationalen Schutztruppe Isaf läuft Ende des Jahres aus. Die Isaf steht am Wahltag nur zur Unterstützung in Notfällen bereit, sollten die afghanischen Sicherheitskräfte sie anfordern.
Alle drei Favoriten haben angekündigt, das Sicherheitsabkommen mit den USA zu unterzeichnen, das Voraussetzung für einen kleineren Nato-Einsatz zur Ausbildung und Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte ab 2015 ist. Karsai hatte die Unterschrift trotz Appellen aus dem In- und Ausland verweigert.
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