Achja, stimmt, die SPD

Die zweitgrößte Volkspartei ist seit Monaten abgetaucht – auch, weil sie nicht mehr so recht weiß, wofür sie eigentlich steht. Darüber sinniert sie nun in einer Klausur in Brandenburg nach.
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Führt er die SPD wieder zum Erfolg? Parteichef Sigmar Gabriel versucht, die Partei zu beruhigen.
dpa Führt er die SPD wieder zum Erfolg? Parteichef Sigmar Gabriel versucht, die Partei zu beruhigen.

Die zweitgrößte Volkspartei ist seit Monaten abgetaucht – auch, weil sie nicht mehr so recht weiß, wofür sie eigentlich steht. Darüber sinniert sie nun in einer Klausur in Brandenburg nach.

BERLIN Die CDU punktet als Kanzlerinnenpartei, die CSU stellt den beliebtesten Politiker Deutschlands, die Grünen feiern Rekordwerte, und die FDP punktet zwar nicht, kann über mangelnde Aufmerksamkeit aber auch nicht klagen – aber was macht eigentlich die SPD? Die zweitgrößte Volkspartei dümpelt in Umfragen nur wenige Pünktchen über der Katastrophenwahl von 2009, in der öffentlichen Debatte ist sie seltsam abgetaucht. Der neue Chef Sigmar Gabriel hat die Partei immerhin soweit beruhigt. Aber von einer neuen Offensive ist wenig zu sehen – auch mangels Botschaft. Das soll sich endlich ändern: Seit gestern tagt die Partei deswegen in Klausur in Hermannswerder. Zentrale Fragestellung: Wohin will die Partei eigentlich?

Grundlage ist ein 43-seitiges Positionspapier „Neuer Fortschritt und mehr Demokratie“. Verfasst haben es Parteichef Sigmar Gabriel, Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und Generalsekretärin Andrea Nahles (die allerdings bei der Klausur nicht dabei ist, weil es jetzt jeden Tag mit der Geburt ihres Kindes soweit sein kann). Kernaussage: „Wir setzen auf Veränderung statt Stillstand, auf einen zuversichtlichen Reformismus statt pessimistischen Konservativismus.“ Dass das als mitreißende Wahlkampfmunition wohl noch nicht reicht, wird auch intern eingeräumt. Konkret wird gefordert, Niedrig- und Mittelverdiener steuerlich zu entlasten, dafür aber beispielsweise das Ehegattensplitting abzuschaffen.

Ein Mini-Kompromiss zwischen gewagteren Vorschlägen jeweils ohne Mehrheit – die einen wollen das Kindergeld kürzen (zugunsten mehr öffentlicher Betreuung), die anderen den Spitzensteuersatz auf 60 Prozent setzen.

Seit Monaten beklagen der rechte wie der linke Flügel in seltener Einigkeit die „Hü- und Hott-Politik“. „Die SPD hat keine Antworten darauf, wofür sie eigentlich steht“, klagt der Seeheimer Kreis. Hartz wurde korrigiert (aber nur ein bisschen, die Rente mit 67 und Afghanistan werden noch korrigiert (aber nur ein bisschen). Parteichef Gabriel kommt ständig mit neuen Ideen, die meisten verpuffen oder werden von Generalsekretärin Nahles unauffällig wieder eingefangen. In dem Dreigestirn Gabriel, Steinmeier und Nahles knirscht es weniger als von vielen erwartet – aber es zündet auch nicht. Die Steilvorlagen von Schwarz-Gelb wurden selten verwandelt, eine gemeinsame Richtung gibt es nach wie vor nicht. Steinmeier wirbt für einen Kurs der Mitte. Gestern sagte er: „Wir dürfen uns nicht auf Umverteilungsfragen verengen.“ Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte, die SPD solle von Altkanzler Schröder wieder lernen, „dass das, was wir verteilen wollen, erst erwirtschaft werden muss“. Die linke Hessen-SPD dagegen klagt, die Parteispitze behindere „eine systemverändernde Reformarbeit“.

Begonnen hat die Klausur am idyllischen Templiner See gestern mit passend ausgewählten Gästen: Der Journalist Robert Misik sprach über „Bewahren und verändern – das verunsicherte Deutschland“, und die infratest-Meinungsforscherin Rita Müller-Hilmer über „Hoffnungen, Erwartungen, Ängste – was die Menschen bewegt“.

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