Abzug aus Afghanistan: De Maiziere wartet ab

Verteidigungsminister Thomas de Maiziere will sich noch nicht auf eine Größenordnung und einen...
von  dpa

Masar-i-Scharif - Verteidigungsminister Thomas de Maizière will sich noch nicht auf eine Größenordnung und einen genauen Zeitpunkt für den ersten Schritt des Bundeswehrabzugs aus Afghanistan festlegen.

Zu Spekulationen über eine Verringerung um 500 Soldaten wollte er sich bei seinem dritten Afghanistan-Besuch innerhalb eines halben Jahres nicht äußern. "Ich will jetzt keine Zahlen in die Welt setzen", sagte er. Der Minister machte aber klar, dass er über den Abzug in erster Linie nach militärischen und nicht nach politischen Kriterien entscheiden will. "Ich brauche dazu einen fachlichen Rat. Das kann keine politisch von oben gesetzte Zahl sein."

Der CDU-Politiker betonte, dass er seine Entscheidung in enger Abstimmung mit den Bündnispartnern treffen will. "Alles hängt jetzt zunächst davon ab, was die Amerikaner machen." Die USA wollen ihre Afghanistan-Truppe von mehr als 100 000 Soldaten bis Mitte 2012 um ein Drittel verringern. Unklar ist noch, wie viele Soldaten aus dem Zuständigkeitsgebiet der Bundeswehr im Norden abgezogen werden. Über die Verringerung des deutschen Kontingents soll der Bundestag im Dezember oder Januar im Zuge der Mandatsverlängerung entscheiden.

In der Bundeswehr wird eine schnelle Truppenreduzierung äußerst skeptisch gesehen. Derzeit ist Deutschland mit mehr als 5000 Soldaten der drittgrößte Truppensteller am Hindukusch. Ende 2014 sollen keine internationalen Kampftruppen mehr dort stationiert sein.

Der Afghanistan-Besuch de Maizières diente der Vorbereitung der Abzugsentscheidung. Der Minister traf in der Nacht zu Sonntag im Hauptquartier der internationalen Schutztruppe Isaf im Norden ein. Anders als bei den vorangegangen Reisen besuchte er diesmal auch zwei der wichtigsten Verbündeten im Norden: die norwegischen Truppen in Maimana, mitten in der Unruheprovinz Faryab, und die Schweden im Camp "Northern Light" bei Masar-i-Scharif. Die Hauptstadt der Provinz Balkh wurde bereits an afghanische Sicherheitskräfte übergeben.

Neben Deutschland und den USA sind in den Nordprovinzen Soldaten aus 16 weiteren Ländern im Einsatz. "Wir tragen Verantwortung auch für die Soldaten dieser Nationen", sagte der Minister. In dem neuen Feldlager Hasrat-i-Sultan machte de Maizière sich ein Bild von der Zusammenarbeit mit der afghanischen Armee. Bundeswehrpioniere haben in der relativ ruhigen Provinz Samangan die Kaserne für 400 bis 600 afghanischen Soldaten aufgebaut, die derzeit noch von 100 deutschen Soldaten unterstützt werden.

De Maizière hat sich vorgenommen, die Truppen in Afghanistan alle drei Monate zu besuchen. Zum ersten Mal war der Minister Ende März nur dreieinhalb Wochen nach seinem Amtsantritt dort. Der zweite Besuch folgte im Juni. Bei seiner dritten Reise wurde er vom Vorsitzenden des Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, begleitet.

Bei der Abzugsentscheidung wird auch die aktuelle Sicherheitslage eine bedeutende Rolle spielen. Der deutsche Isaf-Regionalkommandeur, Generalmajor Markus Kneip, schätzte sie "deutlich besser" als 2010 ein. Die Zahl der Sprengstoffanschläge auf die Bundeswehr in Nordafghanistan ist in diesem Jahr allerdings sprunghaft um 150 Prozent gestiegen. Als Erfolg wertete er jedoch, dass sich die Quote der gefundenen und entschärften Sprengsätze von 40 auf 60 Prozent verbessert habe. Zudem würden sich nur drei Prozent der sicherheitsrelevanten Vorfälle in ganz Afghanistan im Zuständigkeitsgebiet der Bundeswehr ereignen, betonte Kneip.

Der Generalmajor wurde im Mai selbst Opfer eines spektakulären Anschlags der Taliban auf den Gouverneurspalast in Talokan. Er wurde dabei schwer verletzt; zwei Bundeswehrsoldaten sowie mehrere Afghanen - darunter der Polizeichef für Nordafghanistan - wurden getötet.

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