Abgeschiebungen von München: Afghane aus Landshut wollte heiraten
Landshut - Sieben Jahre hat Mohammed Saleh (Name geändert) in Landshut gelebt. Der 24-Jährige aus der ostafghanischen Provinz Nangarhar hatte im Freistaat Arbeit in der Computer-Branche gefunden – und eine deutsche Freundin, die ihn heiraten will.
Doch die Papiere aus Kabul ließen auf sich warten. Zu lange. Am Montagabend wurde der junge Mann in sein Herkunftsland abgeschoben. Erst am Freitag hatte er vor lauter Verzweiflung versucht, sich das Leben zu nehmen.
Insgesamt wurden diesmal 15 abgelehnte Asylbewerber nach Afghanistan ausgeflogen, darunter laut bayerischem Innenministerium einige Straftäter. Seit Dezember sind damit 92 Männer zurückgebracht worden. Jeder der vier Sammelflüge kostete rund 350 000 Euro.
Neben Bayern beteiligten sich Baden-Württemberg, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz an der aktuellen Aktion.
300 Menschen demonstrieren am Flughafen
Opposition und Menschenrechtler kritisieren die "Rückführungen" in das Bürgerkriegsland scharf. Am Münchner Flughafen demonstrierten deshalb am Montagabend rund 300 Menschen. Die Abschiebungen sind umstritten, weil sich in Afghanistan der Konflikt zwischen Regierung und den radikalislamischen Taliban verschärft, und es landesweit Gefechte sowie Anschläge gibt.
Das UN-Büro zur Koordinierung hatte vorgestern gemeldet, seit Jahresbeginn seien fast 50 000 Afghanen vor Gefechten zwischen Regierung und Taliban aus ihren Dörfern geflohen. Laut US-Militär kontrolliert die afghanische Regierung nur noch rund 57 Prozent des Landes, 15 Prozent weniger als Ende 2015. In Kabul, wo viele Abgeschobene erst einmal bleiben, gab es seit Jahresbeginn fünf große Anschläge mit mindestens 132 Toten und mindestens 347 Verletzten.
Die Frühjahrsoffensive der Taliban steht kurz bevor.
Seine Verlobte muss jetzt nach Kabul
Für Mohammed Saleh steht deshalb schon bei seiner Ankunft in Kabul am Dienstagmorgen fest: "Hier gibt es keine Sicherheit, keine Arbeit, kein Leben." Daher werde er versuchen, nach Deutschland zurückzukehren.
Doch laut Bayerischem Flüchtlingsrat ist das nicht so einfach. Wer abgeschoben wird, darf in der Regel jahrelang nicht mehr einreisen. Außerdem muss er die Kosten der Rückführung begleichen.
"Die deutsche Verlobte muss nun, allen Reisewarnungen zum Trotz, nach Kabul reisen, damit das Paar heiraten kann", sagt Flüchtlingsrats-Sprecher Stephan Dünnwald. "Die Art und Weise, wie hier mit einem Paar umgegangen wird, ist skandalös."
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