Ab Montag: Das kommt jetzt auf uns zu

Alle blicken auf den Wahlsonntag. Wir aber wollten wissen, was ab Montag gilt: Neue Einschnitte und Steuererhöhungen sind mehr als wahrscheinlich. Es will nur keiner zugeben.
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MÜNCHEN - Alle blicken auf den Wahlsonntag. Wir aber wollten wissen, was ab Montag gilt: Neue Einschnitte und Steuererhöhungen sind mehr als wahrscheinlich. Es will nur keiner zugeben.

Nach der Wahl gibt’s Steuersenkungen? Wer’s glaubt, wird selig. Bei einer Rekord-Staatsverschuldung von 1,6 Billionen Euro glauben nicht mal mehr die Politiker selbst daran, dass sich ihre Versprechen erfüllen lassen. Egal wie die Wahl ausgeht, klar ist: Nach diesem Sonntag wird der Bürger einige Kröten schlucken müssen. Welche Einschnitte denkbar sind – die AZ hat bei Ökonomen und Steuerexperten nachgefragt.

Mehrwertsteuer: Das halten die meisten Wirtschaftsexperten für die naheliegendste Maßnahme. „Ich fürchte, dass die Mehrwertsteuererhöhung kommt“, sagt auch der Wirtschaftsweise Peter Bofinger. „Allerdings besteht hier das große Risiko, dass die Konjunktur gedämpft wird. Die Konjunktur ist wie ein zartes Pflänzchen, das gerade aus dem Boden wächst und dann im Frost einer Mehrwertsteuererhöhung sofort erfriert.“ Davor warnt auch Andreas Rees, Chefvolkswirt für Deutschland bei der Unicredit-Bank: „Wenn man sich überlegt, dass die Lage auf dem Arbeitsmarkt zum Jahresende noch einmal deutlich schlechter werden wird und gleichzeitig die Mehrwertsteuer erhört werden soll – dann wird der Konsum ja gleich von zwei Seiten in die Zange genommen.“

Der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beitrats beim Bundesfinanzministerium, Clemens Fuest, hält neben der höheren Mehrwertsteuer auch eine Anhebung der Grundsteuer für möglich. Und auch durch eine Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Pkw könnte Geld in die Staatskasse gespült werden.

Soziale Einschnitte: „Das möchte ich nicht ganz ausschließen“, formuliert Volkswirt Rees vorsichtig. Direkter sagt es Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Norbert Walter: Er ist für „Lohnzurückhaltung im öffentlichen Dienst, geringere Sozialleistungen und den Abbau von Subventionen bei den erneuerbaren Energieen“. Unterdessen ruft die Bundesagentur für Arbeit schon lautstark nach Hilfe: Wegen Krise und Kurzarbeit seien ihre Rücklagen bis zum Jahresende aufgebraucht. Bisher hat Schwarz-Rot eine Erhöhung der Arbeitslosenbeiträge stets abgelehnt. Von höheren Beiträgen raten die Ökonomen strikt ab, um die Lohnnebenkosten nicht in die Höhe zu treiben. Aber wo spart man dann? Vermutlich im Sozialhaushalt.

Abgabenlast: Rainer Kambeck vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung in Essen (RWI) glaubt, dass die Sozialversicherungsbeiträge leicht angehoben werden. „Und zwar vor allem die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. Das macht auch Sinn, denn man hat sie bis 2008 deutlich gesenkt. Bei dem aktuell hohen Ausgabenbedarf ist eine moderate Erhöhung auf 3,3 bis 3,5 Prozent vertretbar.“ Bei Rente und Gesundheit erwartet er keine höheren Beiträge.

Eine weitere Baustelle ist das Gesundheitssystem: Zwar sind Krankenkassenbeiträge ab Januar 2010 voll steuerlich abzugsfähig. Das reißt nach Ansicht von Ökonomen aber ein zusätzliches Finanzloch von 15 Milliarden Euro in den ohnehin schon leergefegten Haushalt. Die FDP sagt ganz klar: Sie will die Steuerzuschüsse zum Gesundheitsfonds zurückschrauben. Was bedeutet: Ab 2010 müssen viel mehr Kassen Zusatzbeiträge erheben, weil im Gesundheitsfonds nicht genug Geld ist. Das Problem besteht aber nicht nur, wenn man den Steuerhahn zudreht: Auch weil die Arbeitslosigkeit im kommenden Jahr steige, werden die Beiträge zum Gesundheitsfonds sinken, sagt der Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel. Deshalb müssten entweder die Beiträge oder eben die Steuern erhöht werden.

Einkommenssteuer: „Wenn es bei Schwarz-Rot bleibt, werden vermutlich höhere Einkommen stärker belastet, und im Gegenzug werden untere und mittlere Einkommen entlastet“, sagt Rainer Kambeck. „Wenn die nächste Regierung aus Union und FDP besteht, kann ich mir vorstellen, dass diese Koalition die Verschuldung langsamer zurückführen wird.“ Eins aber halten alle für völlig unwahrscheinlich: Dass die Steuern gesenkt werden.

Annette Zoch

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