30 Tage ist Seehofer Staatschef

Er muss für Wulff einspringen und Feingefühl zeigen. Das wird heikel: Nächste Woche ist politischer Aschermittwoch  
von  Angela Böhm

Er muss für Wulff einspringen und Feingefühl zeigen. Das wird heikel: Nächste Woche ist politischer Aschermittwoch

MÜNCHEN - Für Horst Seehofer ist es der ungünstigste Zeitpunkt, den es nur geben kann. Ausgerechnet am Wochenende vor dem politischen Aschermittwoch muss er im Schloss Bellevue einspringen. Für 30 Tage ist er Deutschlands Staatsoberhaupt – bis dahin muss ein neuer Präsident gewählt werden. Als amtierenBundesrats-Chef vertritt er laut Grundgesetz den Bundespräsidenten. „Diese Aufgabe werde ich jetzt mit Respekt und Achtung wahrnehmen“, sagt er.

Doch wie soll das funktionieren beim großen Hau-drauf in Passau, dem Hochamt der Schwarzen? Als Ober-Rambo war der CSU-Chef dort 2011 aufgetreten. Bis zur „letzten Patrone“ werde er sich wehren „gegen die Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme“, donnerte er - und handelte sich eine Anzeige wegen Volksverhetzung ein. Seehofer ging an die Grenzen, machte den Sarrazin, heizte die Ausländerdebatte an. Sogar eine Volksabstimmung kündigte er an, um die „Deutsche Leitkultur“ in die Verfassung zu schreiben.

Schon gibt’s in der CSU Zweifel, ob Seehofer jetzt am Aschermittwoch auftreten kann. Eine Geschmacksfrage, heißt es. „Er müsste eine ganz moderate Rede halten, wenn überhaupt“, sagt ein Partei-Stratege. Schon wird ein Ersatzmann für den schwarzen Klartext ins Gespräch gebracht. „Dann soll halt der Gauweiler reden“, schlägt ein CSU-Mann vor.

Die Partei steckt in der Zwickmühle. Doch Seehofer denkt überhaupt nicht daran, seinen Auftritt in der Drei-Länder-Halle in Passau zu schmeißen – und seinem Herausforderer Christian Ude (SPD) im benachbarten Vilshofen alleine das Feld zu überlassen. Erst recht nicht, nachdem ihm auch noch Bayern-SPD-Chef Florian Pronold einen Verzicht auf die Aschermittwochsrede nahegelegt hat.

Als amtierendes Staatsoberhaupt solle er sich lieber von seinem Finanzminister Markus Söder vertreten lassen, hat Pronold hinterlistig gefordert. Oder aber seine Rede „aus Respekt vor dem Amt“ entschärfen. „Der Aschermittwoch wird wie geplant mit Horst Seehofer stattfinden“, ließ er trotzig erklären. „Natürlich kann er dort reden“, sagt ein CSU-Vorstand. „Er bleibt ja unser Parteivorsitzender.“

Von dem aber ist jetzt Feingefühl und Diplomatie gefragt, wenn er die kommenden vier Wochen die Aufgaben des Staatsoberhauptes erfüllen muss. Seine Spaß-Kultur, mit der er gerne Gesprächspartner klein macht („Liebe Leut, das war doch nur Spaß“) kann er sich jedenfalls verkneifen. Den ersten Termin am 22.Februar wird Seehofer schon mal absagen.

Ausgerechnet am Aschermittwoch hätte Wulff in Frankfurt ein Museum eröffnet. Zwei Tage später steht im Terminkalender die Überreichung des „Silbernen Lorbeer“ an den Rennfahrer Sebastian Vettel. Ein Umzug ins Schloss Bellevue wird nicht nötig. Seehofer kann die Amtsgeschäfte auch von seiner Staatskanzlei aus erledigen. In der hat er sich inzwischen so gut eingerichtet, dass er dort auch gerne übernachtet. 

 

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