1 600 000 000 000 Euro: Was uns die Einheit kostet

Erstmals haben Wissenschaftler exakt die Kosten aufgestellt: Das meiste Geld ging fürs ostdeutsche Sozialsystem drauf. Hohe Stasi-Funktionäre freuen sich auch: Einst kämpften sie gegen die Wessis – jetzt bekommen sie von ihnen die Rente
von  Abendzeitung
Platte statt blühender Landschaft: Gebäude in der Landsberger Allee im ehemaligen Ostteil Berlins.
Platte statt blühender Landschaft: Gebäude in der Landsberger Allee im ehemaligen Ostteil Berlins. © imago

Erstmals haben Wissenschaftler exakt die Kosten aufgestellt: Das meiste Geld ging fürs ostdeutsche Sozialsystem drauf. Hohe Stasi-Funktionäre freuen sich auch: Einst kämpften sie gegen die Wessis – jetzt bekommen sie von ihnen die Rente

Blühende Landschaften. Von wegen! Dieser Begriff, er war ein Versprechen von Helmut Kohl an die Ostdeutschen, wird heute sowohl im Osten wie auch im Westen mit Häme gebraucht. Und das nicht nur, weil fast 20 Jahre nach der Wiedervereinigungen die Landschaften in Ostdeutschland wahrlich nicht überall blühen.

Sondern auch, weil die „blühenden Landschaften“ die Bürger in Westdeutschland einen gigantischen Betrag gekostet haben: 1,6 Billionen Euro, ausgeschrieben sieht das so aus: 1600 000 000000 Euro. Diesen Betrag hat der „Forschungsverbund SED-Staat“ der FU Berlin ausgerechnet. Kurios: Deutschland hat derzeit Schulden in Höhe von 1,6 Billionen Euro – genau der Betrag, der für die deutsche Einheit bezahlt wurde. Die AZ erklärt, wofür die West-Bürger wie viel Geld zahlen.

RENTE

Insgesamt pumpten die westdeutschen Bundesländer seit 1990 knapp eine Billion Euro ins ostdeutsche Sozialsystem. Die ostdeutschen Renten werden seit 19 Jahren fast zur Hälfte mit Geld aus Westdeutschland finanziert. Es fällt auf: Der Großteil der Kosten für die Einheit wurde von der Regierung um Helmut Kohl auf die Sozialkassen abgewälzt – „um die Höhe der Vereinigungskosten zu verschleiern“, kritisiert die Studie.

KRANKENVERSICHERUNG

Seit 1999 gibt es auch hier einen West-Ost-Transfer, durch den so genannten Risikostrukturausgleich. Laut Bundesversicherungsamt gingen zwischen 1999 und 2007 über 24 Milliarden Euro von West- nach Ostdeutschland. Der Transfer belastet die westdeutschen Beitragszahler jährlich um 0,7 Prozentpunkte. Das heißt: Ein westdeutscher Durchschnittsverdiener mit einem Jahreseinkommen von 60000 Euro zahlt jährlich 420 Euro für ostdeutsche Beitragszahler.

GELD FÜR STASI-LEUTE

Es klingt pervers: Ehemalige hauptamtliche Stasi-Mitarbeiter und Ex-Parteifunktionäre bekommen im vereinten Deutschland seit 1999 eine Rente von 850 Euro im Monat. Dazu gab’s 1999 einen durchschnittlichen Bonus von 22000 Euro. Das ganze ist völlig legal: Das Bundesverfassungsgericht hat diese Praxis bestätigt. In der DDR gab es für Stasi-Mitarbeiter sowie mittlere und höhere Parteifunktionäre Zusatzversorgungssysteme – und diese muss jetzt die Bundesrepublik Deutschland weiterfinanzieren. Bizarr: Einst kämpften die DDR-Funktionäre gegen die Westdeutschen – jetzt bekommen sie von ihnen die Rente. Kosten für westdeutsche Steuerzahler bislang: geschätzte 13,5 Milliarden Euro.

SOLI

Das Geld soll die Kosten der Einheit decken: Von 1991 bis 2007 nahm der Bund 165 Milliarden Euro durch die Soli ein – davon kamen 157 Milliarden aus Westdeutschland. Der Soli beträgt 5,5 Prozent der Einkommensteuer und wird sowohl in West-, als auch in Ostdeutschland erhoben. Seit es den Soli gibt, tobt die Auseinandersetzung um seine Abschaffung. Doch die Aussichten sind schlecht: Bis 2019 ist der Soli beschlossene Sache.

INDUSTRIEFÖRDERUNG

Um die Wirtschaft in Ostdeutschland wieder in Schwung zu bringen, flossen von der Wiedervereinigung bis Ende 2007 etwa 35 Milliarden Euro in den Osten.

Volker ter Haseborg

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