Zu sexy? Brasilien streitet über siebenjährige Samba-Queen
Viel Haut, wenig Stoff - so wetteifern die Tänzerinnen von Rio des Janeiros legendären Sambaschulen im alljährlichen Karneval. Doch dieses Jahr gibt es Streit: Ein siebenjähriges Mädchen ist die "Samba-Queen".
Schon eine Woche vor Beginn der heißen Phase des Karnevals in Rio de Janeiro steht "Samba-Queen" Júlia in den Schlagzeilen. Dabei geht es mitnichten um Skandale oder Skandälchen, sondern nur um eins: ihr Alter.
Die erst Siebenjährige soll am kommenden Wochenende bei dem weltberühmten Defilee der wichtigsten Sambaschulen in Rios Sambódromo die Gruppe "Unidos do Viradouro" anführen, deren Präsident ihr Vater Marco ist. Die Wahl des Mädchens ist umstritten, den eigentlich ist die Rolle der "Samba- Königin" jungen Frauen vorbehalten, die mit viel Sexappeal und möglichst knapper Kleidung zu heißen Sambarhythmen ihren Gruppen vorwegtanzen.
Die Eltern sind fassungslos
Der Fall beschäftigt auch das Jugend- und Kindergericht der brasilianischen Stadt. Es prüft, ob es angebracht ist, dass Júlia in einer solch exponierten Rolle am Karneval teilnimmt. Dabei geht es nicht um die gewünschte Teilnahme von Kindern am Karneval in Rio. Die Befürchtung ist vielmehr, dass die üblichen Attribute einer Samba- Queen, eben Erotik und Sinnlichkeit, auf ein erst sieben Jahre altes Mädchen übertragen werden könnten, das diese Dimension noch nicht erfassen kann. Júlias Eltern sind fassungslos. Sie wollen ihrer Tochter die hochbegehrte Rolle der "Rainha de bateria" nicht verwehren und können den Wirbel nicht verstehen.
Denn Júlia soll sich eben genau dadurch unterscheiden, dass sie nicht wie die anderen Samba-Queens fast nackt durchs Sambódromo steppt, sondern im Gegenteil. Sie soll vor allem durch ihre Kindlichkeit der Truppe von "Unidos do Viradouro" wichtige Punkte bringen im heiß umkämpften Wettstreit um die Krone von Rios bester Sambaschule. "Die Kinder sind die Zukunft der Sambaschulen", verteidigte ein Vereinsfunktionär die Rolle Júlias.
Der Fluch der Karibik
"Sie wird sich anziehen wie ein Mädchen ihres Alters... Ich würde meine Tochter doch nie in erotische Kleidung stecken", sagte Vater Marco. Auch Mutter Mônica betonte, dass Julia in einem kindgerechten Fantasiekostüm auftreten werde. "Wer auf ein Kind wie Júlia schaut ... und sagt, es gebe einen erotischen Bezug, der muss sehr krank sein." Das Motto von "Unidos do Viradouro" ist in diesem Jahr "Mexiko, Paradies der Farben unter dem Zeichen der Sonne". Die Kostüme sollen sich nach Medienberichten vom Wochenende vor allem an dem Fantasie-Piratenfilm "Fluch der Karibik" mit Jack Sparrow orientieren.
Im Vergleich zu anderen "Queens" hat Júlia aber auch den Vorteil der Bescheidenheit. So war ursprünglich auch die mexikanische Sängerin und Schauspielerin Thalia als Königin der Sambaschule im Gespräch. Allerdings forderte sie nach Vereinsangaben unter anderem einen Privatjet, der sie von Mexiko-Stadt nach Rio und zurück bringen sollte, zehn Sicherheitsleute und die Unterbringung in einem Luxushotel. "Thalia verlangte all dies, um für die Schule aufzutreten. Wir können diese Übertreibungen nicht bezahlen", sagte Vater Marco. Mit derartigen Forderungen ist der Verein im Falle Júlias nicht konfrontiert. Nach den Proben habe Júlia nur ein Eis verlangt, berichtete die Mutter.
Von Helmut Reuter, dpa
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