Zu Besuch bei den Hobbybastlern

Schrauben, kleben, flicken: Im Repair Café bekommen alte Geräte eine zweite Chance
von  Michael Chmurycz
"Wir kämpfen gegen die Wegwerfkultur", sagt Organisatorin Stphanie Schmitz.
"Wir kämpfen gegen die Wegwerfkultur", sagt Organisatorin Stphanie Schmitz. © Petra Schramek

 

Schrauben, kleben, flicken: Im Repair Café bekommen alte Geräte eine zweite Chance

MÜNCHEN Uwe Schrott ist zufrieden. Wieder einmal hat er die Tücke der Hersteller durchschaut. Triumphierend zeigt er auf die Rückseite des defekten Föhns. „Hier wurden Spezialschrauben eingebaut, die es schwierig machen, das Gehäuse zu öffnen.“ Die Lösung: Schrott schleift einen maßgefertigten Schraubenzieher. Dann bläst der Föhn bald wieder.

Schrott ist Hobbybastler. Gemeinsam mit Gleichgesinnten trifft er sich seit kurzem regelmäßig im Repair Café auf dem Gelände der Kultfabrik. Die Bastler bieten hier ihre Hilfe an. Herkommen kann jeder mit kaputten Geräten. Dann wird gemeinsam geschraubt.

„Wir kämpfen gegen die Wegwerfkultur“, sagt Organisatorin Stephanie Schmitz. In München gibt es mehrere ähnliche Veranstaltungen (s. unten). Die gemeinsame Idee: Anstatt löchrige Jeans oder streikende Toaster einfach wegzuwerfen, werden sie repariert. Kostenlos.

Der Trend ist global: Nach dem Start in den Niederlanden existieren heute weltweit 400 Repair Cafés. Allein in Deutschland gibt es 51 Cafés. Und der Bedarf ist groß. „Ich schätze die Lebensdauer bei neuen Haushaltsgeräten auf zwei bis drei Jahre“ sagt Manuel, Elektroexperte im Repair Café. Der gelernte Elektriker bietet seine Hilfe gerne an.„Am einfachsten zu reparieren sind die Geräte die schon 20, 30 Jahre auf dem Buckel haben.“

Auch eine aktuelle Studie zeigt, dass die Lebensdauer sinkt. Selbst bei großen Geräten mit eigentlich langer Nutzungszeit: Heute leben große Geräte wie Waschmaschinen 13 Jahre, besagt eine neue Studie des Zentralverbands der Elektroindustrie. Neun Jahre zuvor waren es noch 14 Jahre. Der Besuch im Café lohnt sich im Grunde für jeden, der verschiedene Haushaltsgeräte besitzt. Vor abgelaufenen Garantien schrecken die Helfer genauso wenig zurück wie vor kniffligen Aufgaben.

Viele Besucher hängen an ihren alten Erinnerungsstücken und wollen sie nicht kampflos dem Schrotthaufen überlassen. Uwe Schrott jedenfalls übergeben die Besucher gerne ihre Geräte. „Verstärker, CD-Player, Lautsprecher, Toaster, Dampfbügeleisen – da war schon alles mögliche dabei“, sagt der Hobbybastler.

Auch Britta-Marei bietet ihre Hilfe an. Die gelernte Schneiderin näht Knöpfe an oder stopft Löcher. „Heute kann das kaum noch jemand“, sagt sie. Ist es die Mühe wert? „Manchmal muss man abwägen. Einen Reißverschluss auszutauschen ist sehr aufwendig. Bei einer total aufgewetzten Hose lohnt sich das vielleicht nicht mehr“, sagt sie.

Mittlerweile hat Uwe Schrott ein etwas angerostetes Fahrrad mit den Reifen nach oben auf dem Werktisch platziert. Das Licht ist hin. Wie oft geht’s gut? „Ich würde sagen, in etwa einem Drittel der Fälle klappt die Reparatur auf Anhieb. Wenn wir die Ersatzteile nicht vorrätig haben, müssen die Besucher die Ersatzteile kaufen und bringen sie beim nächsten mal mit“, sagt Uwe Schrott.

Manchmal aber ist nichts zu machen.

Dann landen die Geräte endgültig auf dem Schrottplatz.

Das älteste Münchner Repair Café befindet sich in der Wörthstraße 42 im „Haus der Eigenarbeit“. Der nächste Termin ist an diesem Sonntag, 9. März, von 14 bis 17 Uhr. Das im Artikel beschriebene Repair Café in der Grafingerstraße 6 öffnet immer am ersten Donnerstag im Monat ab 17 Uhr. Beide Cafés bieten unterschiedliche Kurse für Hobbybastler an. Infos unter: www.repaircafe.de. Eine Alternative: Der Reparaturführer des Abfallwirtschaftsbetriebs. Unter www.awm-muenchen.de melden sich Betriebe an, die sich um defekte Geräte kümmern.

 

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