Zerstörte Mythen

US-Professoren widerlegen medizinische Annahmen rund um Weihnachten und Winter: Zucker macht Kinder nicht zapplig – und nachts essen macht nicht dicker als zu jeder anderen Zeit
von  Abendzeitung
Nachts essen macht an sich nicht dicker – nur eben, wenn es zusätzlich zum Tageskonsum erfolgt, sagen jetzt Forscher. Foto: Imago
Nachts essen macht an sich nicht dicker – nur eben, wenn es zusätzlich zum Tageskonsum erfolgt, sagen jetzt Forscher. Foto: Imago © az

LONDON - US-Professoren widerlegen medizinische Annahmen rund um Weihnachten und Winter: Zucker macht Kinder nicht zapplig – und nachts essen macht nicht dicker als zu jeder anderen Zeit

Hyperaktiv durch zu viel Süßes? Zu dick wegen zu spätem Essen? Die US-Professoren Rachel Vreeman und Aaron Caroll haben sich medizinische Mythen rund um die Weihnachtszeit vorgenommen – und zerlegen sie fachgerecht für die Feiertagsausgabe des „British Medical Journal“.

„Zucker macht Kinder hyperaktiv“:

Von Eltern in Zeiten von Lebkuchen und Plätzchen gefürchtet, aber völlig falsch. Zwölf Doppelblindstudien haben keinerlei Zusammenhang zwischen Zuckerkonsum und Verhalten ergeben. Einen anderen Befund allerdings bestätigten mehrere Studien: Wenn Eltern denken, ihre Kinder hätten etwas Süßes zu sich genommen, stuften sie sie als zappliger ein – selbst wenn es nur buntes Wasser und kein Softdrink war.

„Man verliert besonders viel Wärme über den Kopf“:

Dieser Mythos, so die Professoren, steht sogar im Handbuch der US-Armee: Dort werden die Soldaten angehalten, den Kopf zu bedecken, weil man über ihn „40 Prozent der Körperwärme“ verliert. Das geht auf eine Militär-Studie zurück, wo Probanden in der Arktis in Schutzanzügen ohne Mütze ausgesetzt wurden. Die Forscher: „Natürlich verloren sie die meiste Wärme über den Kopf – weil er eben das einzige unbedeckte Körperteil war.“ Die 40 Prozent seien Quatsch. „Dann müsste der Mensch genauso frieren, als wenn er ohne Hose rumläuft“, so Vreeman und Carroll. „Sicher kann man eine Mütze tragen, wenn man sich wohler fühlt“, raten sie. Aber der Wärmeverlust betrage entsprechend dem Körper-Oberflächenanteil nur zehn Prozent.

„Spät essen macht dick“:

Auch dafür hätten viele Studien keinerlei Anhaltspunkte ergeben, schreiben die Experten. „Es kommt nur auf die Kalorienmenge an, nicht auf die Tageszeit.“ Bei den untersuchten Übergewichtigen, die spät essen, zeigte sich jeweils, dass sie tagsüber schon viel essen. Bei Normalgewichtigen, die nur so viele Kalorien zu sich nahmen, wie sie verbrannten, fanden die Forscher keinerlei Unterschiede bei der Uhrzeit. Was aber eine Rolle spielt: Man sollte drei Mahlzeiten gleichmäßig über den Tag verteilen. Wer eine auslässt, etwa das Frühstück, neigt zum Kalorien-Überkompensieren.

„Es gibt mehr Selbstmorde rund um Weihnachten“:

Auch falsch. Studien aus aller Welt, ob aus Indien, Finnland, Ungarn oder den USA, zeigen, dass die Suizidrate in den jeweils wärmsten Monaten am höchsten ist. Was allerdings vor Weihnachten abnimmt und danach stark ansteigt, sind Besuche beim Psychiater.

„Man kann Kater verhindern“:

Wer Alkohol trinkt, spürt es am nächsten Morgen – da hilft leider auch nichts, schreiben Vreemann und Carroll. Zwar kann man die Symptome lindern, aber wenn man Alkohol getrunken hat, entstehen eben Abbauprodukte – egal, ob man Artischocken isst oder saure Gurken. Die Forscher: „Das effektivste Mittel gegen Kater ist, keinen Alkohol zu trinken.“ Na dann.

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