Winnenden: Der Vater ist mitschuldig

  Bewährungsstrafe für den Papa von Tim K.: Trotz Killerphantasien seines Sohnes bewahrte er seine Waffe völlig ungesichert auf  
von  Johanna Jauernig

Bewährungsstrafe für den Papa von Tim K.: Trotz Killerphantasien seines Sohnes bewahrte er seine Waffe völlig ungesichert auf

Stuttgart - Ein Jahr und neun Monate auf Bewährung – so lautet das Urteil gegen den Vater des Amokläufers von Winnenden. Das Landgericht Stuttgart verurteilte den Angeklagten unter anderem wegen fahrlässiger Tötung und Verstoßes gegen das Waffengesetz. Sein Sohn hatte mit der Sportwaffe, die der Vater ungesichert zusammen mit der Munition im Schlafzimmer aufbewahrte, 15 Menschen und sich selbst erschossen. Die Urteilsbegründung: Die Familie wusste von Tim K.s Gewaltpotenzial.

Es war der erste Prozess in Deutschland, bei dem ein Unbeteiligter nach einem Amoklauf vor Gericht stand. Bei dem Massaker in Winnenden im März 2009 war es der 17-jährige Tim K., der die Beretta gegen ehemalige Lehrer, Mitschüler und alle, die sich ihm in den Weg stellten, richtete. Nach Überzeugung der Stuttgarter Richter wusste der Vater aber von den Tötungsfantasien seines Sohnes. Bereits ein Jahr vor dem Massaker informierte der Psychiater von Tim K. die Eltern. Der hatte bei einem therapeutischen Gespräch gesagt, er habe einen Hass auf die ganze Welt und stelle sich vor, die ganze Menschheit umzubringen.

Im Prozess sagte ein Polizist aus, die Depression und die Schulprobleme, seien in der Familie bekannt gewesen, über Probleme sei aber nicht gesprochen worden. „Unter diesen Umständen hätte der Angeklagte seinen Sohn vom Schusswaffengebrauch abhalten müssen“, begründete Richter Skujat das Urteil. Der Vater wurde wegen 15-facher fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung in 14 Fällen und Verstößen gegen das Waffengesetz schuldig gesprochen. Generalstaatsanwalt Klaus Pflieger, ist mit der Bewährungsstrafe „sehr zufrieden“. Von dem Urteil gehe ein Signal an alle Waffenbesitzer aus. Die Verteidiger sahen das anders: Anwalt Hubert Gorka will in einem weiteren Verfahren den Punkt der fahrlässigen Tötung anfechten.

Das Echo der Angehörigen der Opfer auf das Urteil war gespalten: Viele fanden die Strafe zu mild. Andere, wie etwa der Vorsitzende des Aktionsbündnisses Amoklauf Winnenden, Hardy Schober, hatten die Entscheidung so erwartet. Die Mutter einer getöteten Referendarin, Gisela Mayer, sagte, sie könne mit dem Urteil gut leben.

 

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