Wikipedia: Was wir alle alles wissen

Nicht zum ersten Mal sorgt das Online-Lexikon für erregte Debatten. Trotzdem funktioniert das populärste Nachschlagewerk der Welt erstaunlich gut
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In fast allen Sprachen abrufbar: das Online-Lexikon Wikipedia
dpa In fast allen Sprachen abrufbar: das Online-Lexikon Wikipedia

Nicht zum ersten Mal sorgt das Online-Lexikon für erregte Debatten. Trotzdem funktioniert das populärste Nachschlagewerk der Welt erstaunlich gut

Brasilien, Schlumpf, Sex, Mineralwasser, Batterie oder Augsburger Religionsfrieden: Egal, welchen Begriff man in Internet-Suchmaschinen wie Google eingibt, unter den ersten Treffern taucht fast immer die gleiche Seite auf: Wikipedia.de, mit Abstand das meistgenutzte Nachschlagewerk der Welt.

Das weiß wohl auch der Linken-Abgeordnete Lutz Heilmann – und ließ den Zugang zur deutschen Seite kurzzeitig juristisch stoppen. Grund: Er war mit der Darstellung seiner Biografie nicht glücklich (AZ berichtete). Aber wer darf die überhaupt formulieren? Die Antwort des 2001 gegründeten Projekts ist so einfach wie revolutionär: Jeder! Ein Klick auf den Button „Seite bearbeiten“ – und schon ist man Herr über die Begriffe dieser Welt. Kann Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Horst Seehofer verheiraten oder die Insolvenz der Deutschen Bank verkünden.

Keine Panik: Grober Unfug, „Vandalismus“ genannt, hält sich in der Regel nur wenige Minuten, oder bloß Sekunden. Unzählige freiwillige Benutzer wachen über die zurzeit rund 827000 Artikel, machen sinnlose Änderungen per Mausklick rückgängig. Motto: Viele Köche verderben nicht den Brei, sondern verfeinern ihn. Das funktioniert – zumindest besser, als man denkt.

Gefahr droht der spendenfinanzierten Seite auch weniger von pubertierenden Spaß-Guerilleros, sondern von Menschen, die sie als politische Plattform missbrauchen wollen. Eilige Gelegenheitsbenutzer ahnen oft nicht einmal, welche ideologischen Grabenkämpfe um die Texte ausgetragen werden.

So streiten sich Wikipedianer zum Beispiel bis aufs Messer über den Irak-Krieg. Ob die USA als „Aggressoren“ oder „Befreier“ eingestuft werden, hängt davon ab, in welcher Sekunde man auf einen der Artikel klickt – und wer ihn zuletzt bearbeitet hat.

Kann man sich nicht einigen, kommt es oft zu „Edit-Wars“, in denen Benutzer die Änderungen des anderen immer wieder rückgängig machen, um ihre Sicht der Dinge durchzuboxen. Der „neutrale Standpunkt“, erklärtes Ziel der Enzyklopädie, lässt sich eben unterschiedlich auslegen. So ein Duell kann dauern. Bis ein Adminstrator eingreift.

Eigentlich eine kleine Demokratie – oder auch: Anarchie – will Wikipedia auf eine gewisse Hierarchie nicht verzichten. Von der Gemeinschaft gewählte „Admins“ dürfen den Artikel sperren, bis sich die Hitzköpfe beruhigt haben – so auch im Fall Heilmann.

Heikel ist, dass sich die Hobby-Aufpasser dabei immer für eine Version entscheiden müssen. Die Gegenseite behauptet natürlich stets, es sei die „falsche“.loko

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