Wie verrückt ist Attentäter Andres Breivik?

Vor den Anschlägen verschickte Anders Breivik ein wirres Pamphlet - an 1003 Adressen. Sein Anwalt hält den Massenmörder von Norwegen für geisteskrank.
oss |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News

Vor den Anschlägen verschickte Anders Breivik ein wirres Pamphlet - an 1003 Adressen. Anwalt hält ihn für geisteskrank

Oslo - Die Empfänger sind genau ausgewählt. Rechtspopulistische Parteien, Neonazis, extremistische Gruppierungen. Nur 77 Minuten vor seinem Doppelanschlag verschickte der Täter Andres Behring Breivik ein 1500-Seiten-Pamphlet per E-Mail, an insgesamt 1003 Adressen in England, Frankreich und Italien. Aber auch einige Deutsche, darunter Neonazis aus Dortmund, bekamen den Text, in dem Breivik seine Taten rechtfertigt.

Es sind Tage der Trauer in Norwegen, auch an Tag sechs nach Breiviks Doppelanschlag ist das Land noch weit von jeglicher Normalität entfernt. Es ist vor allem ein Thema, das die Menschen jetzt beschäftigt: Wie wird Anders Breivik, der die Taten bereits gestanden hat, bestraft? Welche Strafe ist angemessen für den Mord an 76 Menschen?

Breiviks Anwalt zumindest hält seinen Mandanten für „geisteskrank” – und damit auch nicht schuldfähig. Würde das Gericht dieser Einschätzung folgen, könnte der 32-Jährige nicht mit Gefängnis bestraft werden, sondern käme in eine psychiatrische Anstalt.

Doch ist der Täter wirklich zu verrückt fürs Gefängnis? Der Kriminalpsychologe Christian Lüdke teilt diese Einschätzung nicht. „Der Täter hat eindeutig eine schwere psychische Störung”, sagt Lüdke der AZ. „Aber das heißt nicht, dass er nicht schuldfähig ist. Er wusste genau, was er tat.” Ein Kriterium für die Nicht-Schuldfähigkeit sei, so Lüdke, dass jemand sich zeitlich und räumlich nicht mehr orientieren könne. „Doch dieser Täter hat seinen Plan minutiös in die Tat umgesetzt. Von Desorientierung keine Spur.”

Ganz im Gegenteil. Dass er erst die Bombe im Regierungsviertel zündete, und so die Rettungskräfte band, während er auf der Insel Utøya ein Massaker anrichtete, zeugt laut Lüdke von einem ausgeprägten Bewusstsein für die Folgen seiner Taten. Auch das spreche gegen eine Nicht-Schuldfähigkeit.

Wie sich gestern herausstellte, war Breivik Mitglied im Osloer Pistolenclub. Die Waffen, mit denen er das Massaker anrichtete, hatte er legal erworben. Ein Umstand, der in Deutschland böse Erinnerungen weckt. Ob die Amokläufer von Bad Reichenhall, Winnenden oder Erfurt – sie alle waren entweder selbst Sportschützen oder in einem entsprechenden Umfeld groß geworden. „Die Mitgliedschaft in einem Schützenclub macht niemanden zum Mörder”, stellt Lüdke klar. „Aber das Wissen über den Umgang mit Waffen erleichert natürlich die Durchführung der Tat.” Ist so ein Täter wie Breivik therapierbar? „Nein”, sagt Lüdke. „Für so jemanden gibt es keine Therapie. Das einzige, was hilft ist, ihn für immer und ewig wegzusperren.” 

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.