„Wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde“
Die Staatsanwaltschaft hält Jörg Kachelmann weiterhin für schuldig und glaubt dem Opfer. Neue Details werden am Tag der Plädoyers bekannt.
Mannheim - Im Vergewaltigungs-Prozess gegen den Wettermoderator Jörg Kachelmann geht die Staatsanwaltschaft weiter von der Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers und damit von einer Schuld des Angeklagten aus. Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge bezeichnete es in seinem Plädoyer als „ausgeschlossen“, dass sich die 38-jährige Exfreundin Kachelmanns die Verletzungen an Hals und Oberschenkeln selbst beigebracht hätte. Auch das Spurenbild in der Wohnung nach der mutmaßlichen Tat könne sie nicht selbst geschaffen haben, betonte Oltrogge am Mittwoch vor dem Landgericht Mannheim.
Die 38-jährige Radiomoderatorin beschuldigt den 52-jährigen Kachelmann, sie am 9. Februar 2010 nach einem Streit in ihrer Wohnung mit einem Küchenmesser bedroht und vergewaltigt zu haben. Kachelmann bestreitet das. Drei Gutachter hatten in dem Verfahren ausgesagt, dass die Halsverletzungen vom Messer stammen können, aber nicht müssen. Der Staatsanwalt schloss in seinem Plädoyer eine Selbstbeibringung der Verletzungen, auch mit einem anderen Gegenstand, aus. Es sei zudem auszuschließen, dass die 38-Jährige sich die Hämatome an den Oberschenkeln selbst beigebracht habe, um dann später auszusagen, sie wisse nicht, wie sie entstanden seien.
Zuvor hatte der Staatsanwalt die generelle Glaubwürdigkeit der Frau, die als Nebenklägerin auftritt, hervorgehoben. Nur weil sie Lügen zur Vorgeschichte der Tat längere Zeit aufrechterhalten habe, dürfe nicht der Stab über sie gebrochen werden, sagte Oltrogge. Man könne deshalb nicht behaupten, sie „in keinem Punkt die Wahrheit“ sage. Oltrogge sagte, Kachelmann habe versucht, bestimmte „Spuren zu beseitigen“. So seien auf seinem Handy, auf dem er alle seine SMS-Kontakte konzentrierte, sämtliche von dem mutmaßlichen Opfer eingegangenen SMS nicht mehr vorhanden. Ebenso fehlten alle Eingänge im Zeitraum vom 16. Januar bis 12. Februar 2010. Hier sei eine Löschung der entsprechenden Kontakte erfolgt.
„Wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde“
In dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft wurden zudem weitere Details bekannt, die Kachelmann aus Sicht der Anklage belasten. Oltrogge zitierte aus früheren Vernehmungen des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers. Sie sagte demnach, als sie Kachelmann auf andere Frauen angesprochen habe, habe er ihr nach längerem Schweigen letztlich erzählt, dass er einen Frauenhass habe und „dass er krank ist und verrückt, wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde“.
Er sei auch schon beim Psychologen gewesen. Die Staatsanwaltschaft ging auch auf die Erinnerungslücken der Frau zum mutmaßlichen Vergewaltigungsgeschehen ein. Staatsanwalt Werner Mägerle erklärte dies in seinem Plädoyer damit, dass das Kerngeschehen für sie „die Bedrohung mit dem Tod, nicht der Geschlechtsakt war“. Wenige Minuten nach Beginn des Plädoyers von Oltrogge hatte es eine Auseinandersetzung zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft gegeben.
Kachelmanns Verteidiger Johann Schwenn sagte, Oltrogge wolle den Angeklagten mit Angaben aus dessen Privatleben bloßstellen, in dem er aus einem SMS-Verkehr zwischen Kachelmann und dem mutmaßlichen Opfer vor der fraglichen Nacht zitierte. Demnach schrieb Kachelmann, das gemeinsame Essen könne man für die „Hauptaufgabe“ weglassen. Damit war laut Oltrogge Sex gemeint.
Der Verteidiger beantragte zunächst den Ausschluss der Öffentlichkeit. Nach einstündiger Beratung zwischen den Verfahrensbeteiligten stellte Schwenn seinen Ausschluss-Antrag zurück. Das mutmaßliche Opfer war beim Plädoyer der Staatsanwaltschaft erstmals seit langer Zeit wieder persönlich bei der Hauptverhandlung anwesend. Kachelmann folgte den Plädoyers der Staatsanwälte mit offensichtlichem Interesse.
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