Wie beim Buchbinder Wanninger

In einem verschwurbelten Rechtsstreit um den „Buchbinder Wanninger“ legt sich die Enkelin von Karl Valentin mit Amazon an.
MÜNCHEN Das könnte aus der Feder des genialen Komikers und Volkssängers stammen. Karl Valentin hätten die Volten und Wenden einfallen können, die gerade ein Rechtsstreit in München nimmt. In dem geht es auch um ihn. Genauer um eines seiner bekanntesten Werke, den „Buchbinder Wanninger“. Eine Enkelin des Humoristen hat gegen den Internethändler Amazon wegen der Verwendung von Wanninger-Passagen in einem E-Book geklagt.
Der „Buchbinder Wanninger“ ist längst zu einem geflügelten Wort dafür geworden, wenn man bei einem Anliegen immer weiter verwiesen wird und nie zu einem Ziel kommt. In dem Buch geht es um den telefonischen Kampf eines verzweifelten Mannes mit der Baufirma Meisel & Compagnie. Er will nur wissen, wohin er Bücher und die dazugehörige Rechnung schicken soll und wird von einem zum anderen verwiesen – bis er entnervt aufgibt. Das will die Enkelin von Karl Valentin offenbar nicht tun. Denn gestern war Anneliese Kühn bereits in zweiter Instanz vors Gericht gezogen.
Die Vorgeschichte: Im November 2011 hatte die Enkelin im „Kindle Shop“ auf amazon.de ein E-Book mit dem Titel „Bitte warten! Das Wartebuch für Ungeduldige entdeckt“. Darin fand sich ein Auszug aus dem „Buchbinder Wanninger“, angeboten vom Verlag Books on Demand. Doch dem hatte Kühn nie eine Erlaubnis erteilt. Die Münchnerin sieht in der Veröffentlichung deswegen eine Urheberrechtsverletzung. Schließlich lägen die Online-Nutzungsrechte der Werke ihres Großvaters ausschließlich bei ihr, die Verlagsrechte beim Piper-Verlag.
Doch im Januar 2013 wies das Landgericht München die Klage Kühns zurück. Die Begründung – verschwurbelt à la Valentin: Amazon sei bei der Veröffentlichung lediglich ein „Werkzeug“ eines eigenständig handelnden Verlages. Denn Amazon schließe mit den Verlagen zwar einen Vertrag, prüfe die hochgeladenen Werke aber nicht inhaltlich. Deswegen sei Amazon ein Buch- kein Rechtehändler. Das Oberlandesgericht schloss sich gestern dem an – ließ aber eine Revision zu. Eine weitere Volte kann also folgen.