Wie an der Uni-Klinik Leipzig getrickst wurde

In Leipzig wurden die Daten von Patienten manipuliert, damit diese schneller eine neue Leber bekommen. Ein weiterer Skandal, der die Bereitschaft zur Organspende schwäch
von  Vanessa Assmann
Welche Dimension hatten die Manipulationen bei der Organvergabe am Uniklinikum Leipzig?
Welche Dimension hatten die Manipulationen bei der Organvergabe am Uniklinikum Leipzig? © dapd

In Leipzig wurden die Daten von Patienten manipuliert, damit diese schneller eine neue Leber bekommen. Ein weiterer Skandal, der die Bereitschaft zur Organspende schwäch

LEIPZIG Die Verunsicherung hält an: Auch an der Universitätsklinik Leipzig haben offenbar Ärzte die Daten ihrer Patienten manipuliert, um diese schneller mit einem Spenderorgan zu versorgen. So geschehen bei 37 der 182 Patienten zu, denen 2010 und 2011 eine Leber transplantiert wurde. Auch im Jahr 2012 kam es zu Ungereimtheiten, die jedoch noch genauer untersucht werden. Der Direktor der Transplantationschirurgie und zwei Oberärzte wurden beurlaubt.

Die Ärzte hatten durch Falschangaben dafür gesorgt, dass die Patienten in der Warteliste der Vergabestelle Eurotransplant nach oben rutschten. Man habe die Patienten kranker gemacht, als sie waren, so der medizinische Vorstand der Uniklinik, Wolfgang Fleig. Möglich war das durch falsche Angaben zur Blutwäsche, der Dialyse. Der Grund: Eine Dialyse gilt bei einem Patienten mit fortgeschrittener Lebererkrankung als zusätzlicher Hinweis, wie dringend eine Lebertransplantation ist. Nun sieht es so aus, dass 2010 und 2011 für 54 Patienten Dialysen gemeldet wurden – doch bei 37 von ihnen gab es diese nie. 2012 betraf das von 10 Patienten einen.

Aufgeflogen sind die Manipulationen durch Recherchen der Prüfungs- und der Überwachungskommission der Bundesärztekammer, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und des GKV-Spitzenverbandes. Die Bundesärztekammer will nun eine Sonderermittlungsgruppe einsetzen. Der Fall in Leipzig erinnert an die Machenschaften in Göttingen, Regensburg und auch München. Direkte Verbindungen soll es jedoch nicht geben. In Göttingen wird gegen einen verantwortlichen Arzt wegen des Verdachts der Bestechlichtkeit ermittelt. In München prüft die Staatsanwaltschaft noch, ob im Rechts der Isar ebenfalls Krankenakten manipuliert wurden, um Patienten bei der Vergabe von Spenderorganen – ebenfalls Lebern – besserzustellen.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz fordert eine bundesweite Aufklärung aller Vorwürfe. Vorstand Eugen Brysch: „Die neuen Manipulationsvorwürfe zeigen: Die Unregelmäßigkeiten im Organspendesystem sind keine Einzelfälle.“ Er sieht das Problem darin, dass das Transplantationssystem nicht in staatlichen, sondern in den Händen privater Akteure liegt.

Wo die Fehler auch liegen, fest steht: Die Skandale sorgen dafür, dass weniger Menschen Organe spenden. So gab es im Oktober bundesweit nur noch rund 60 Spenden statt der sonst üblichen etwa 100, berichtet die Deutsche Stiftung Organtransplantation. Dabei sollte die jüngste Reform des Transplantationsgesetze – mit der Neuregelung zu den Organspendeausweisen, die mittlerweile von den Krankenkassen an die Versicherten versendet werden – das Gegenteil bewirken. Derzeit warten in Deutschland rund 12000 Menschen auf ein neues Organ, täglich sterben drei von ihnen.

 

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