"Wetten dass?" - The Show must go on
Der Sender will nach dem Unfall die Sicherheitsstandards erhöhen, aber an der Sendung und den Moderatoren festhalten – Konkurrent Stefan Raab bedauert die Kollegen
Über den Sicherheitsstandard will man reden. Über den Quotendruck muss man reden. Aber trotz aller Bedenken, trotzt des Schocks nach dem Unfall von Samuel Koch am Samstag Abend – eines macht das ZDF klar: „Wetten, dass“ wird weitergehen. Nach dem Motto „The Show must go on.“
„Konkrete Maßnahmen werden wir erste beschließen, wenn wir Genaueres über den Gesundheitszustand des Kandidaten haben, sagt ZDF-Sprecher Peter Gruhne. Ob diese Konsequenzen anders ausfallen, je nachdem, ob der 23-jährige gelähmt bleibt, oder ob er wieder gesund wird, bleibt unklar.
Spekulieren lässt das ZDF auch über die Zukunft des Moderatorenteams Thomas Gottschalk und Michelle Hunziker. „Die Frage stellt sich nicht,“ sagte der ZDF-Sprecher. Unklar sei auch, ob die Show wie geplant im Februar in Halle ihren nächste Auflage findet. Das ZDF lässt das offen, die Verantwortlichen der Stadt in Sachsen-Anhalt sagen, die Show werde stattfinden.
ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut sagte, man könne nach dem Unfall „nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“. Die Show werde weitergehen, allerdings müsse der Sicherheitsstandard erhöht werden. Das ZDF werde alles tun, damit ein solches Unglück nicht noch einmal vorkomme. Eine hundertprozentige Sicherheit könne es bei solchen Sendungen aber nie geben. Und: „Wir haben uns nichts vorzuwerfen.“
Der Sender versucht, den Vorwurf zu entkräften. es werde mehr Risiko für mehr Quote eingegangen: „In der ganzen Geschichte ist noch nicht eine einzige grenzwertige Wette angenommen worden.“ Außerdem: „Die spektakulären Wetten sind nicht unbedingt Quotenbringer“, sagt Sendersprecher Gruhne: „Bei den Zuschauern kommt an, was sie nachmachen können.“
Ohnehin ist das ZDF bei den Stunts und Nervenkitzel-Nummern über die Jahre deutlich ins Hintertreffen gekommen. War noch die erste wirklich gefährliche TV-Nummer im ZDF zu sehen (1971 bei „Wünsch Dir Was“ mit Vivi Bach und Dietmar Schönherr konnte sich eine Frau minutenlang nicht aus ihrem Auto unter Wasser befreien), so haben die Privatsender auf diesem Gebiet längst die Risiko-Hoheit.
Bei Uri Geller wäre ein Frau 2009 beinahe ertrunken, weil sie die Kombination an einem Unterwasser-Tresor nicht knacken konnte. Und Herrscher des nicht ungefährlichen Unfugs ist längst Stefan Raab. Der brach sich im April bei seinem Quotenrenner „Schlag den Raab“ beim Sturz vom Mountainbike einen Backenknochen – und machte mit einer Gehirnerschütterung bis zum Schluss weiter. Dass bei seiner eingeführten „Wok-Wm“ noch nichts passiert ist – selbst Rodelprofis wie Stefan Loch flogen bei ihrer Fahrt im Kochtopf durch den Eiskanal aus der Bahn – halten Fachleute für puren Zufall.
Raab selbst äußert sich für seine Verhältnis ernst zum Unfall: „Es tut mir sehr leid, in erster Linie natürlich für den Wettkandidaten, aber auch für die Macher von ' Wetten, dass' und für den Kollegen Thomas Gottschalk", sagte Raab am Montag. „Jeder, der Shows produziert, in denen es um Wettkampf und sportliche Herausforderungen geht, versucht das Risiko zu kalkulieren und zu minimieren. Dennoch wird es eine 100-prozentige Sicherheit nie geben."
Schützenhilfe bekommen die Sendergrößen auch von den Stars, die wegen des Unfalls nicht mehr zum Zuge kamen: „Wir sind alle sehr schockiert“, heißt es in einer Erklärung von Take That. „Es war absolut richtig, die Show abzubrechen“ und: „Wir hoffen sehr, dass Samuel schnell wieder gesund wird". Unterzeichnet ist die Erklärung von Mark, Jason, Howard, Robbie und Gary, allen fünf Mitgliedern der wiedervereinigten Band. Auch Teenie-Star Justin Bieber hatte gesagt, er wolle für den jungen Mann beten.
Ein juristisches Nachspiel wird die Sache für das ZDF nicht haben. Die Staatsanwaltschaft sieht keinen Anlass für Ermittlungen. Einer der namhaftesten deutschen Strafrechtsprofessoren, Dr. Werner Beulke von der Uni Passau, erklärt: „Wenn sich jemand selbst gefährdet und dabei schwer verletzt oder zu Tode kommt, tragen andere, die daran mitgewirkt haben, grundsätzlich keine strafrechtliche Verantwortung". mm.