Wer ist die Schönste im ganzen Land?
Wenn die Ältere zum Ebenbild der Jüngeren wird. Ein familiärer Wettstreit, der nicht nur Promis betrifft. Was dahinter steckt, wen es betrifft und was die Psychologen dazu sagen.
"Mama“. Das blonde Mädchen dreht sich um. „Ich probier das mal“. Mit einem geblümten Hängerchen, Größe 34 überm Arm, verschwindet die circa 13- Jährige in der Umkleidekabine. Sofort greift ihre Mutter, blond und schmal wie die Tochter, nach demselben Hängerchen und verschwindet ebenfalls in der Garderobe.
Eine Szene gestern bei „Zara“. Sie hätte auch bei H&M, Zero, C&A oder einem Luxus-Laden wie Chanel stattfinden können. Immer mehr Mütter ziehen sich wie ihre Teenie-Töchter an, wollen jung aussehen wie sie. Ein Trend, den prominente Mütter wie Madonna vormachen. Der Fragen aufwirft, Zweifel am Selbstbild der Mütter und auch ihrer Töchter hinterlässt.
Botox und plastische Chirurgie machen (Alb-)Träume wahr
Das kleine Mädchen daheim vor dem Spiegel die Mama imitieren, den Kinder-Mund mit Lippenstift verschmieren und in ihren Pumps herum stöckeln, ist normal, macht Spaß. Umgekehrt aber, wenn das jüngere Ebenbild zum Maßstab wird, ist’s weniger lustig, kann es in einen erbitterten Wettstreit ausarten. Wie Botox-Flatrates und plastische Chirurgie das Märchen von Schneewittchen und seiner „Spieglein, Spieglein an der Wand“-Stiefmutter pervertieren können, haben zuletzt die doppelten Cunliffes aus England vorgemacht. Mutter Janet (50) hat sich von Kleidergröße 42 in 34 gehungert und beim Schönheitschirurgen mehr als 20 000 Euro in ihren Körper investiert, um Tochter Jane (22) zum Verwechseln ähnlich zu sehen. „Ich war neidisch, dass Jane immer attraktiver wurde und wollte meine Schönheit zurückhaben“, wird sie in britischen Medien zitiert. „Schließlich hat Jane ihr gutes Aussehen von mir geerbt.“
Warum Madonnas Gag mit Lourdes keine Gaudi ist
Tochter Jane nimmt’s „als Kompliment“. Was es freilich nicht ist. Jede Mädchen-Mutter erlebt früher oder später, dass die Schönheit der Tochter aufblüht, während ihre reift oder welkt. Damit leben möchten immer weniger. Nicht, weil sie ihrer Tochter Böses wollen, sondern weil der Jugendwahn und der Anti-Aging-Hype sie dazu treiben. Erst recht Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen. Stars wie Madonna. Die 50-Jährige erschien kürzlich zu einem Kaballa-Fest in New York mit schwarzer Perücke als eine Art Klon ihrer Tochter Lourdes (13). Was wie ein Gag wirkte, war nicht nur Gaudi, heißt’s in ihrem Umfeld. Madonna, die laut ihrem Ex-Mann Guy Ritchie „eine sehr gute Mutter“ ist, hat offenbar Probleme damit, dass neben ihr eine womöglich noch attraktivere Ausgabe ihrer selbst heranwächst. Bei einem gemeinsamen Gala-Auftritt habe sie sogar verhindert, dass ihre Tochter vorher schick frisiert werde. „Aus Sorge, Lourdes könnte allmählich schöner aussehen als sie“, vermutet die Zeitschrift „OK“.
Dieses Problem wenigstens hat Victoria Beckham nicht. Sie hat drei Söhne. Anders dagegen Mütter wie Demi Moore (42) und Tochter Rumer (20), Valerie Campbell (57) und Naomi (38), Ute Ohoven (63) und Chiara (24), Renate Thyssen (70) und Begum Inaara (46), Dina Lohan (46) und Lindsay (22).... Sie alle tun so manches dafür, um das Ebenbild ihrer schönen Töchter zu sein.
Früher hätten sich Mütter Vergleiche verbeten
„Viele Mütter, nicht nur die prominenten, sind riesig stolz, wenn man sie mit ihren Töchtern verwechselt oder für deren Schwestern hält“, weiß die Psychologin Dorothea Böhm aus ihrer Praxis. „Früher war das anders. Da hätten sich die Mütter heranwachsender Töchter solche Vergleiche verbeten.“ Da habe man sein Alter respektiert, war stolz darauf, als Mutter erkennbar zu sein. „Es galt als gesellschaftlicher Status“, so die Expertin. „Heute würden viele Frauen – auch mit Ehemann, Kindern und Beruf – gern für immer im Status Mädchen bleiben. Absurd. Eigentlich können sie einem leid tun.“
Renate Schramm
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