Wer ist das tote Mädchen, das keiner kennt?

Eine Teenagerin wird ermordet neben der Autobahn gefunden. Ein Monat später rätselt die Polizei noch immer: Wer ist die Jugendliche, wo kommt sie her, wer hat sie umgebracht?
von  Abendzeitung

NIEDERZISSEN - Eine Teenagerin wird ermordet neben der Autobahn gefunden. Ein Monat später rätselt die Polizei noch immer: Wer ist die Jugendliche, wo kommt sie her, wer hat sie umgebracht?

Die Tote hat keinen Namen, niemand kennt sie, ein Bauer findet sie auf seinem Feld in dem Ort Niederzissen (Rheinland-Pfalz), direkt neben der Autobahn Richtung Köln. Dass die Frau ermordet wurde, ist schnell klar – aber die Polizei tappt im Dunkeln.

Mittwoch, 15. Oktober. Die Leiche ist zierlich, nur 1,54 Meter groß, hat grau-blaue Augen und schulterlange blondgefärbte Haare. Auf 16 bis 25 Jahre schätzen Gerichtsmediziner die Frau. Womöglich Single, von niemandem vermisst. Eine allein lebende Frau aus irgendeiner Großstadt, abgeladen zufällig an der A61, Anschlussstelle Niederzissen.

Rätsel über Rätsel

Aber alles bleibt rätselhaft. Die Tote ist nackt, trotzdem schließt die Polizei ein Sexualdelikt aus. Hunderte Hinweise gehen bei der Soko Niederzissen ein, keiner führt zum Ziel. Kein Täter, kein Motiv, nicht mal die Identität des Opfers.

Anfang November korrigiert die Polizei das Alter der Toten deutlich nach unten. Die Analyse ihrer Zähne ergeben, dass sie wahrscheinlich erst 13 oder 14 Jahre alt war.

Die Leiche wurde während der rheinland-pfälzischen Herbstferien gefunden, doch noch Wochen später vermisst niemand in Deutschland das Mädchen. Keine Schule, keine Familie. Und der Abgleich mit Vermisstenmeldungen im Ausland dauert – in Osteuropa arbeiten einige Polizeidienststellen noch mit Stift und Papier.

Woher kommt das tote Mädchen?

Woher kommt ein Mädchen von 14 Jahren, das niemand vermisst? Die Spekulationen schießen in den Himmel: Wurde es von seinen Eltern versteckt gehalten? Schon vor langer Zeit entführt, irgendwo in Osteuropa?

Die Kleinstadt Niederzissen steht unter Schock. Der beschauliche Ort (2700 Einwohner) lebte bisher abseits der Schlagzeilen. „So etwas kennt man ja nur aus dem Fernsehen“, sagt Bürgermeister Richard Keuler.

Der Leichenfund trifft den Ort wie ein Schlag. Ein Verbrechen, das zu mysteriös und gruselig erscheint. Das klingt wie – eben dem Drehbuch eines TV-Krimis entnommen.

Dutzende Beamte suchen in den folgenden Tagen den Fundort ab, ein Polizeihubschrauber kreist über ihnen. Genau eine Woche später stoppen die Polizisten jedes Fahrzeug an der Autobahnzufahrt, sie hoffen auf Hinweise von Fahrern, die regelmäßig an Niederzissen vorbeikommen.

Zweimal ist die unbekannte Tote aus dem Feld Thema bei „Aktenzeichen XY... ungelöst“ im ZDF. Eine dritte Sendung ist geplant, diesmal mit Live-Schalte zu den Ermittlern der Sonderkommission.

Bürgermeister Keuler hofft, dass der Mörder nicht aus seiner Stadt ist. „Auf der Autobahn fahren so viele vorbei“, sagt er. Im Internet ist Niederzissen längst stigmatisiert: Google schlägt zu dem Ortsnamen die Suchvarianten Leiche, Mord und tote Frau vor.

Und die Polizei rätselt weiter. „Normalerweise müsste sich irgendjemand melden, der die Tote kennt“, sagt Ralf Schomisch vom Polizeipräsidium Koblenz. Ein Monat ist vergangen, die ermordete Frau heißt noch immer die „Tote von Niederzissen“.

rg

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