Wenn das Auto zur Falle wird

Moderne Autos werden immer stabiler und immer sicherer – aber bei einem Unfall kommt die Feuerwehr auch schwerer durch. Der ADAC will jetzt für eine schnellere Rettung sorgen - mit der Rettungskarte.
von  Abendzeitung
Ein völlig zerknautschtes Auto: Jetzt muss die Feuerwehr schnell wissen, wo sie mit der Rettungsschere ansetzen kann.
Ein völlig zerknautschtes Auto: Jetzt muss die Feuerwehr schnell wissen, wo sie mit der Rettungsschere ansetzen kann. © Thomas Gaulke

Moderne Autos werden immer stabiler und immer sicherer – aber bei einem Unfall kommt die Feuerwehr auch schwerer durch. Der ADAC will jetzt für eine schnellere Rettung sorgen - mit der Rettungskarte.

MÜNCHEN Es ist ein Horroszenario: Sie haben einen Verkehrsunfall, sitzen eingeschlossen im Auto – und die Rettungskräfte kommen nicht durch. Moderne Pkw sind immer stabiler und sicherer, aber eben auch schwerer zu knacken. Ende Juli war auf der A2 bei Braunschweig eine Frau 60 Minuten in ihrem Auto eingeklemmt. "Vor kurzem haben wir bei der Rettung auf der A3 ein Kabel beschädigt, so dass die Batterie zu brennen anfing", erzählt der Würzburger Kreisbrandinspektor Winfried Weidner der AZ. "Wir konnten das Opfer gerade noch rausziehen." Um die Rettung zu beschleunigen fordert der ADAC deshalb eine Rettungskarte für jedes Auto. Die AZ klärt die wichtigsten Fragen.

Warum braucht es die Rettungskarte? Technik und Karosserie von Autos werden immer komplexer. Rettungskräfte wissen oft nicht, wo sie mit der Rettungsschere ansetzen müssen, ohne das Unfallopfer zu verletzen – oder etwa auf die Gas-Kartusche des Airbags zu stoßen. Ein starker Seitenaufprallschutz ist sinnvoll beim Unfall selbst, die Retter aber tun sich viel schwerer als früher, mit ihrem Werkzeug da durch zukommen, um Verletzte zu bergen. Bei Rettungsaktionen müssen sie zuerst die Elektronik lahm legen. Dazu brauchen sie die Batterie. Die zu suchen kostet viel Zeit, die man während einer Rettungsaktion oft nicht hat. Durch die Rettungskarte fällt das lange Suchen weg.

Wie sieht die Rettungskarte aus? Komprimiert auf eine DIN-A4-Seite zeigt sie, wo die wichtigsten Elemente des Autos angebracht sind: Batterie, Kraftstofftank, Airbags, Gaskartuschen und Karosserieverstärkungen.

Wo soll die Karte angebracht werden? Die beste Stelle ist hinter der Fahrersonnenblende, findet der ADAC. "Da ist man gleich an der richtigen Stelle, um den Fahrer zu befreien", sagt Sicherheitsexperte Volker Sandner vom ADAC. Andere Stellen, wie Windschutzscheibe oder Tankdeckel, werden oft extrem beschädigt.

Was sagen die Rettungskräfte? Vor allem freiwillige Feuerwehren, die schlechter ausgerüstet sind als Berufsfeuerwehren, begrüßen den Vorschlag. Auch Berufsfeuerwehren sind dafür: "Unnötige Schnitte mit der Schere fallen weg. Die Rettungszeit verringert sich und die Chance einer erfolgreichen Rettung steigt", sagt Karl Pieterek von der Münchner Feuerwehr.

Was sagen die Autobauer? Viele Autobauer beteiligen sich am Vorschlag des ADAC. Audi, VW und Opel etwa stellen auf der Homepage des Autoclubs Rettungskarten zum Download zur Verfügung. BMW hält den Vorschlag allerdings für unrealistisch. "Oft sind Autos so zerstört, dass die Rettungskräfte nicht an die Sonnenblende rankommen. Bei Unfällen mit Überschlägen kann es sein, dass die Karte durchs Auto fliegt und erst gesucht werden muss", sagt BMW-Sprecher Friedbert Holz. Mercedes verweist auf die üblichen Rettungsleitfäden, die bei den Feuerwehren vorliegen. Allerdings sind diese viele Seiten lang, und bei einer Rettung zählt jede Sekunde.

Gibt es besonders problematische Autotypen? Nein: "Auch ein VW-Golf kann Probleme machen", sagt Sandner. Schon immer schwer zu "knacken" seien Volvo und Saab gewesen. ADAC-Unfallexperte Thomas Unger: "In Skandinavien hat man der Sicherheit früh einen hohen Stellenwert eingeräumt. Mittlerweile ist das Sicherheitsniveau auch bei uns angeglichen."

Christian Plößl

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