Weiterer Häftling aus Berliner JVA verschwunden

Hammer, Trennschleifer – und eine unverschlossene Tür im Heizungsraum. Auf dieser Basis ist vier Häftlingen in Berlin eine filmreife Flucht gelungen. Der Fall wirft Fragen auf, die die Justiz nun zu beantworten hat.
von  dpa
Auf dem Videostandbild einer Überwachungskamera an der Justizvollzugsanstalt (JVA) Plötzensee in Berlin ist der Ausbruch zu sehen.
Auf dem Videostandbild einer Überwachungskamera an der Justizvollzugsanstalt (JVA) Plötzensee in Berlin ist der Ausbruch zu sehen. © Senatsverwaltung für Justiz Berlin/dpa

Berlin - Nach ihrer spektakulären Flucht aus der Justizvollzugsanstalt Berlin-Plötzensee sind vier Häftlinge weiter auf der Flucht. "Es gibt noch keine Festnahmen und keinen neuen Stand", sagte eine Sprecherin der Polizei in Berlin am Freitagmorgen. Auch die Polizei in Brandenburg fahndete in der Nacht nach Angaben eines Sprechers des Lagezentrums im brandenburgischen Innenministerium nach den Entflohenen. Dies sei jedoch wegen der Nähe zu Berlin nicht ungewöhnlich, hieß es.

Die Polizei hat eine Großfahndung nach den 27 bis 38 Jahre alten Männer ausgelöst, die seit diesem Jahr in der JVA wegen Straftaten wie Diebstahl, räuberischer Erpressung oder schwerer Körperverletzung einsaßen. Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) kündigte eine Überprüfung aller Sicherheitsmaßnahmen in der Vollzugsanstalt an. "Zudem werden die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt, bis alles aufgeklärt ist."

Schock beim Durchzählen: Weiterer Häftling fehlt

Schock für die Gefängnisaufseher der JVA – nach der Flucht der vier Insassen fehlt plötzlich ein weiterer Häftling. Der 30-Jährige aus dem offenen Vollzug meldete sich am Donnerstagabend nicht zurück, wie ein Sprecher der Berliner Justizverwaltung am Freitag mitteilte. Nach bisherigen Erkenntnissen habe der Fall aber nichts mit dem Gefängnisausbruch am Donnerstagmorgen zu tun, fügte er hinzu.

Der Mann verbüßte demnach eine sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe wegen des Erschleichens von Leistungen und Ordnungswidrigkeiten. Solche Strafen werden verhängt, wenn der Betreffende Forderungen wie Bußgelder nicht begleichen kann.

Der Ausbruch blieb lange unbemerkt

Der Fall wirft mehrere Fragen auf. Am Morgen vor dem Ausbruch arbeiteten die vier Männer gemeinsam mit einem Dutzend weiteren Gefangenen in einer Autowerkstatt, die auf dem Gefängnisgelände liegt und an den Heizungsraum grenzt. Dort gelangten sie auch an einen schweren Hammer und einen Trennschleifer, mit denen sie in einem Heizungsraum zunächst den Betonmittelpfosten einer Lüftungsöffnung an der Außenmauer zerschlugen. Dann zersägten sie die Stahlträger unter dem Beton. Schließlich zwängten sie sich durch die enge Öffnung ins Freie und krochen unter dem Außenzaun der JVA in die Freiheit.

Wie sich die Männer allerdings Zutritt in den laut Anstaltsleitung üblicherweise verschlossenen Heizungsraum verschaffen konnten, ist noch unklar. An der Tür ist ein Sicherheitsschloss, das offenbar mit einem Schlüssel geöffnet wurde.

Unklar ist auch, warum der Ausbruch lange unbemerkt bliebt. Denn eine Kamera, die eine Eingangspforte überwacht, filmte die Aktion um 8:49 Uhr zufällig, weil das Bild auch die Lüftungsöffnung erfasst. Alarm wurde aber erst gegen 9:30 ausgelöst. In der Alarmzentrale des Gefängnisses, in der Aufnahmen von Dutzenden Kameras auf zahlreichen Bildschirmen zusammenlaufen, bemerkte niemand den Coup des Quartetts.

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