Weißer Tod mitten im Sommer: Urlaubergruppe von Lawine erfasst
INNSBRUCK - Fast 20 Meter breit liegt der Eisbrocken in der Nähe des Tribach-Wasserfalls am Achensee. Es handelt sich um die Reste einer Lawine aus dem letzten Winter, die jetzt herabstürzten und ein 13-Jahre altes Mädchen erschlugen. Eine Münchner Familie wurde verschüttet, konnte aber gerettet werden.
Die Sonne brennt vom Himmel, es ist 24 Grad warm am Achenpass – neugierig inspiziert eine Münchner Familie zusammen mit Freunden aus Neu-Isenburg (Hessen) die beachtlichen Überreste einer Lawine aus dem letzten Winter. Plötzlich bricht völlig unvermittelt eine Eiswand über ihnen zusammen, Eisbrocken prasseln herab und begraben die Urlauber unter sich. Manon E. (13) stirbt, ihre Schwester Julie (16) kommt schwer verletzt ins Krankenhaus.
Frühmorgens brechen Ansgar R. (53) und seine Tochter Elena (10) zusammen mit Peter E. (46) und seinen beiden Töchtern Manon und Julie auf. Sie wollen mit ihren Rädern in die Berge. AmTribach-Wasserfall in etwa 1100 Metern Höhe stoßen sie auf einen alten Lawinenkegel. Schmelzwasser hat sich durch den verharschten Schnee gefressen und einen kleinen Tümpel gebildet.
Die Gruppe stellt ihre Räder ab. Neugierig betrachten die Urlauber die meterhoch aufragenden Eismassen. Ansgar R. geht voraus. Manon und Julie folgen dem 53-jährigen Münchner. Die beiden Schwestern halten ihre Hände in den Tümpel, sie wollen wissen, wie kalt das Wasser ist. Unvermittelt und ohne jeden Laut bricht plötzlich ein Teil der Schneewand über ihnen zusammen. Auf einer Breite von 20 Metern donnern Eisbrocken auf sie herab.
„Nichts deutete auf die drohende Gefahr hin“, betont ein Polizeisprecher in Innsbruck. „Auf 1100 Metern herrscht zu dieser Jahreszeit normalerweise keine Lawinengefahr.“
Manon und Julie werden unter Eis und Schnee begraben. Auch Ansgar R. wird verschüttet. Der Wirtschaftsexperte hat Glück. Er kann sich aus eigener Kraft rauswühlen. Seine Tochter kommt ebenfalls unverletzt aus der Lawine. Peter E., der im letzten Moment zur Seite springen kann, alarmiert sofort per Handy die Bergwacht. Ein Rettungsteam trifft wenig später mit einem Helikopter ein. An Bord ist auch ein Notarzt. „Wir haben uns mit Motorsägen durchs Eis geschnitten“, erzählt Hubert Mooser von der Bergrettung Maurach. Julie steckte bis zum Bauch im gefrorenen Schnee fest. „Es war ein schrecklicher Anblick“, so Feuerwehrkommandant Wolfgang Paregger.
Mit Luftkissen gelingt es den Rettern schließlich, den fast eine Tonne schweren Eisblock anzuheben. Mit schweren Unterkühlungen und Brüchen wird Julie anschließend ins Krankenhaus nach Innsbruck gebracht. Ihre Schwester wird tot geborgen – die Eismassen haben ihr das Genick gebrochen. Erst in der Klinik erfährt Julie, dass ihre jüngere Schwester tot ist.
Ralph Hub