Wegen Zeitnot: Falsche Urnen in falschen Gräbern

Ein Bestatter wurde in Bad Kreuznach verurteilt, weil er insgesamt 20 Urnen vertauscht und in falschen Gräbern bestattet hat – angeblich weil er Zeitnot hatte.
Bad Kreuznach - Ermittler öffnen Gräber, graben Urnen aus. Und setzen so über Wochen die Puzzleteile eines Betruges zusammen. In 20 Fällen hat der Bestattungsunternehmer Jochen G. (41) aus Bad Münster am Steinberg (Rheinland-Pfalz) Urnen vertauscht und falsch beigesetzt. Dafür bekam er am Mittwoch eine Strafe von anderthalb Jahren auf Bewährung. Zudem muss er 1000 Euro an eine Stiftung zahlen.
Der makabere Tausch begann im Jahr 2008. Jochen G. stellte fest, dass eine Beerdigung anstand, dafür die Urne aber nicht rechtzeitig aus dem Krematorium überstellt werden konnte. Der Bestatter wollte aus Zeitdruck die Beerdigung nicht absagen und ließ einfach eine andere Urne bestatten. Diese sei zuvor für Ausbildungszwecke benutzt worden, sagte der Anwalt von Jochen G. der „Rhein Zeitung“.
Einmal auf den Dreh gekommen, blieb Jochen G. bei seiner Masche. Als er die richtige Urne zurückbekam und erneut Termindruck hatte, ließ er auch diese in einem anderen Grab verbuddeln. Insgesamt wurden 17 falsch beigesetzte Urnen entdeckt, drei weitere waren noch nicht beigesetzt worden. Eine Urne blieb verschwunden. Aufgeflogen ist die Sache, weil eine Bestattungsbescheinigung nicht beim Krematorium einging. Der dortige Verantwortliche fragte bei der Gemeinde Bad Münster nach – und die wiederum bei Jochen G. Weil die Behörde den Braten roch, ließ sie ein Grab öffnen. Da auf Urnen die Namen der Toten graviert oder aufgeklebt sind, war der Tausch leicht nachweisen.
In einer Zeitungsanzeige hatte Jochen G. sich dann bei den Angehörige entschuldigt. Zudem gab er auf dem Platz vor dem Landgericht eine Erklärung ab. Er bedauere, dass die Familien ein zweites Mal Schmerz erleiden mussten. Auch im Gerichtssaal zeigte der er Reue: „Ich habe mich völlig pietätlos verhalten. Es tut mir unendlich leid“.
Nicht der einzige Urnen-Betrug, der derzeit für Schlagzeilen sorgt: Die Staatsanwalt Detmold hat Anklage gegen einen 58-Jährigen Bestatter erhoben. Dieser soll statt der Asche eines verstorbenen Mannes die Überreste einer Frau beigesetzt haben. Um den Tausch zu vertuschen, entfernte er das Etikett. Den Angehörigen war aufgefallen, dass die Urne bei der Beisetzung anders aussah, als die im Bestattungsinstitut ausgesuchte
In Bremen könnte so ein Urnenbetrug bald schwieriger werden. Dort will das Landesparlament das Gesetz ändern. Angehörige sollen Urnen dann daheim im Wohnzimmer aufstellen dürfen.