Was tun mit Karl Marx?
MÜNCHEN - Kaum ein Philosoph hat die Weltgeschichte so stark beeinflusst wie Karl Marx. Heute vor 125 Jahren starb der Autor des "Kapitals". Was blieb übrig von ihm? - Die AZ hat Menschen dazu befragt: von Bisky über Glück - bis Marx.
Vor 125 Jahren starb Karl Marx in London. Kaum ein Philosoph hat die Weltgeschichte so stark und so direkt beeinflusst wie der Autor des „Kapitals“ und des „Kommunistischen Manifests“. Sein Werk, die Werke seiner Schüler und Kritiker füllen Bibliotheken. Doch was bleibt?
Ist seine Lehre erledigt? Wie zeitgemäß, wie wichtig ist der geistige Vater des Kommunismus im Jahr 2008? Und: Kann man ihn verbessern? Die AZ fragte Experten, Profis und Menschen, die noch heute Profit machen mit ihm.
Wozu braucht die Politik Karl Marx, Herr Bisky?
Karl Marx bleibt ein scharfsinniger Analytiker des Kapitalismus. Manche seiner Aussagen bleiben aktuell: „Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein.“ Manche Thesen sind überaltert.
Vergessen ist, dass er als einer der ersten den Staat abschaffen wollte. Seine Streitschriften bleiben lesenswert auch zum Nachweis seiner Verfälschung, Verdrehung und Verballhornung im Staatssozialismus.
Lothar Bisky ist Bundes-Parteichef der Linken.
Was wollte uns Marx sagen, Herr Münkler?
Karl Marx entwickelte mit Friedrich Engels den wissenschaftlichen Sozialismus. „An die Stelle der bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen tritt eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist“, heißt es im „Kommunistischen Manifest“.
Bedingung für eine „klassenlose Gesellschaft“ ist demnach die Aufhebung des Privateigentums an den Produktionsmitteln.
Herfried Münkler ist Herausgeber der Marx- Engels-Gesamtausgabe.
Warum schreiben sie ein Buch namens "Das Kapital", Herr Marx?
„Es gibt neue und gute Gründe, Karl Marx noch nicht ad acta zu legen“, zitiert der Pattloch-Verlag seinen neuen Star-Autor Reinhard Marx: „Nie triumphierte das Kapital schamloser als heute. Der Zwang zu immer höheren Renditen und die Verlagerung von Arbeitsplätzen in Billiglohnländer scheinen eine unumkehrbare Entwicklung zu sein.
Ruiniert das Kapital die Erde?“ Zu diesem Thema wird Reinhard Marx eine Streitschrift verfassen.
Reinhard Marx ist Erzbischof von München und Freising.
Wie würden Sie diesen Herrn stylen, Herr Meir?
Na das ist auf jeden Fall ein eindrucksvoller Kopf, eine Mischung aus Beethoven und Brahms. Eigentlich sehr homogen und stimmig, die Frisur – ist aber eben mehr als 125 Jahre her. Ein beeindruckender Kopf. Und was der bewegt hat! Auch wenn ich seine Ideen nicht gutheiße.
Wenn er morgen in der Bundespressekonferenz auftreten müsste , dann würde ich so an die Ränder rangehen. Dieses Mattige, das gefällt mir nicht. Und den Bart – mehr so Richtung, wie hieß noch gleich der Bundestagspräsident? Ah ja: Richtung Wolfgang Thierse würde ich den stutzen. Reduzieren – weniger ist mehr.
Gerhard Meir, Münchner Star-Coiffeur
Bringt Karl Marx viel Kapital, Herr Jensen?
Nicht mehr so viel wie früher. Vor dem Ende des Kommunismus gab es mehr Touristen. Hier in seiner Geburtsstadt Trier ist Karl Marx nur die Nr. 4 unter den großen Attraktionen. Rund 40.000 Menschen besuchen jährlich das Karl- Marx-Haus, das sein Geburtshaus war. Wenn Sie annehmen, dass die jeweils 100 Euro in der Stadt lassen, dann sind das vier Millionen.
Rund 25.000 Besucher sind aber Chinesen, die haben Pauschalen auf ihren Europa- Trip gebucht. Die schauen sich das Jesuiten-Gymnasium an, wo er Abitur gemacht hat und das Marx- Haus. Und dann gehen sie nebenan in den Souvenir- Shop und decken sich bevorzugt mit Fissler-Kochtöpfen und Schweizer Messern ein.
Oberbürgermeister Klaus Jensen. In Trier an der Mosel wurde Marx am 5. Mai 1818 geboren.
Wieviel Marx steckt in der CSU, Herr Glück?
Das Kapital der CSU besteht auch darin, dass in ihr Null-Komma-Null Marx steckt. Die CSU hat nie auf Klassenkampf gesetzt.
Die CSU folgt dem Leitbild einer freien, solidarischen Gesellschaft, die auf Leistungsbereitschaft und Chancengerechtigkeit baut. Damit dient die CSU den Menschen mehr als alle Ideologien.
Alois Glück, Präsident des bayerischen Landtags.
Macht Marx noch Mäuse, Herr Beierlein?
Nicht mehr. Seit zwei Jahren sind die Rechte an der „Internationale“ ausgelaufen, 70 Jahre nach dem Tod der Komponisten, eines Belgiers und eines Franzosen. Bis dahin hatte ich die Rechte, und es gab immer ein schönes Sümmchen Geld. Vor allem, solange es die DDR noch gab.
Die haben das Lied zum Programmstart und zum Sendeschluss ihres Fernsehens gespielt. Außerdem gab es 30 bis 40 Parteiversammlungen am Tag. Und was das Beste ist: Die Verantwortlichen haben immer äußerst korrekt abgerechnet. Da kamen in den guten Jahren schon mal 100 000 Mark zusammen. Kuba und Nordkorea haben nie gezahlt.
Hans R. Beierlein, Medien-Manager.