Warum der Job als Stripperin in Krisen boomt

Stripclubs, Erotikfilme, Erwachsenenmagazine - sie alle profitieren davon, dass in der Wirtschaftskrise Bürojobs rar werden. Vor allem in den USA versuchen zahlreiche Frauen nun, mit viel eigener Haut Geld zu verdienen.
Als Barkeeper und Ausbilderin einer Restaurantkette verdiente Rebecca Brown in einer guten Woche ein paar tausend Dollar - als Tänzerin im Chicagoer Erotikclub Pink Monkey bekommt sie fast genauso viel in einer einzigen Nacht.
Das klingt offensichtlich auch für viele andere Frauen nach einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis: Angesichts der Wirtschaftskrise bewerben sich immer mehr Frauen in Stripclubs, hoffen auf eine Rolle in Erotikfilmen oder posieren für Erwachsenenmagazine, wie Branchenvertreter bestätigen. Die flexiblen Arbeitszeiten und das vergleichsweise hohe Einkommen sind selbst für Bewerberinnen mit Universitätsabschluss attraktiv, die noch bis vor kurzem als Büroangestellte gearbeitet haben. «Man sieht viel mehr hübsche Frauen, die so viele andere Dinge tun könnten», sagt Gus Poulos, Geschäftsführer des Sin City Gentleman's Clubs in New York. Nach einer Anzeige im Internet meldeten sich innerhalb nur eines Tages 85 Bewerberinnen bei ihm.
Nicht einfach
Doch der Einstieg ins professionelle Nachtleben ist nicht einfach: Tanzen in hohen Stöckelschuhen muss gelernt und gelegentliche Buhrufe der Zuschauer müssen hartnäckig ignoriert werden. Die Anfänger unter den Tänzerinnen sind zu Beginn oft so nervös, dass sie ihre ersten Auftritte nur unter Alkoholeinfluss bewältigen können. Da fühle man sich oft so, als ob man gleich eine Rede halten müsse, sagt die 29-jährige Brown. Da gebe es ja dann den Tipp, sich das Publikum einfach nackt vorzustellen, um alles nicht ganz so bedrohlich zu finden. «Aber statt dir alle nackt vorzustellen, bist du diejenige, die nackt ist.»
Dicke Haut
Auch die Tänzerin Eva Stone vom Erotikclub Pink Monkey betont, die Frauen bräuchten schon eine dicke Haut, um mit den Beschimpfungen einiger Gäste umzugehen. Erotikfilmproduzenten warnen davor, den Einstieg in die Sexindustrie zu unterschätzen und verweisen auf die Folgen. «Wenn man sich einmal entschieden hat, als Darstellerin in Erwachsenenfilmen mitzuarbeiten, beeinflusst das die Beziehungen zu allen anderen Menschen», sagt Steven Hirsch, Vizepräsident des Erotikfilmkonzerns Vivid Entertainment Group. «Wenn du einmal einen Erwachsenenfilm machst, wird er nie wieder verschwinden.»
Die Frauen im Pink Monkey Club schätzen jedoch die Flexibilität ihrer Arbeit und die große Freiheit im Vergleich zu gewöhnlichen Bürojobs. «Es ist einfach, es macht Spaß, und wir Mädchen passen alle aufeinander auf», sagt Brown. In gehobenen Clubs können die Tänzerinnen zwischen 100.000 und 300.000 Dollar pro Jahr verdienen in bar und trotz Wirtschaftskrise, wie ein Sprecher von Rick's Cabaret Clubs in New York und Miami betont. Die Zahl der Bewerberinnen sei mit 20 bis 30 pro Woche derzeit doppelt so hoch wie im vergangenen Jahr.
Erotikbranche ist nicht immun
Doch ganz immun gegen die Wirtschaftsflaute ist nach Einschätzung von Analysten auch die Erotikbranche nicht. Das Geschäft ist um etwa 30 Prozent eingebrochen quer durch alle Bereiche, einschließlich Erwachsenenfilme, Erotikclubs, Magazine und Shops, wie der Präsident des Unterhaltungskonzerns AVN Media Network, Paul Fishbein, einräumt. Und Eric Wold vom Finanzdienstleister Merriman Curhan Ford betont: «Bislang haben die Leute gesagt, diese Industrie sei rezessionssicher.» Das sehe er jedoch anders, bestenfalls könne von einer Rezessionsresistenz gesprochen werden.
Die Zahl der Gäste hat Clubmanagern und Tänzerinnen zufolge bislang zwar nicht abgenommen. Doch besonders die extrem wohlhabenden Kunden schauen offenbar stärker aufs Geld als bisher, sagt Angelina Spencer vom Branchenverband der Clubmanager: «Sie haben nicht mehr die Typen, die hereinkommen und 3000 bis 4000 Dollar (2260 bis 3020 Euro) pro Nacht ausgeben.» Trotzdem liegt die Gewinnspanne vieler Einrichtungen nach Einschätzung von Analysten weiterhin bei bis zu 50 Prozent. Die Tänzerinnen sind dabei meist als unabhängige Auftragsnehmer beschäftigt und zahlen eine Gebühr von 40 bis 90 Dollar (30 bis 70 Euro) pro Nacht an den Club. Das Trinkgeld gehört ihnen. Für Stone ist die vor vier Jahren begonnene Tänzerei trotzdem nur eine Übergangsbeschäftigung, um nach ihrem Bachelor in Grafikdesign ihren Master-Abschluss im Bildungswesen zu finanzieren. Brown dagegen ist von ihrer Berufswahl auch langfristig überzeugt: «Mein Job ist sicher.» (AP)