War Tim K. in therapeutischer Behandlung?

Ein Arzt bestätigt die mehrfache Behandlung des Amokläufers in einer Klinik. Der Anwalt der Eltern dementiert dies und einen Schießstand im Keller habe es auch nie gegeben. Tim K. soll noch am Abend vor der Tat ein sogenanntes Killerspiel gespielt haben.
Drei Tage nach dem Amoklauf von Winnenden haben weitere widersprüchliche Angaben über den 17-jährigen Täter Tim K. für neue Verwirrung gesorgt. Nach Angaben seiner Eltern soll er nie in psychotherapeutischer Behandlung gewesen sein, wie deren Anwalt Achim Bächle nach einem «Focus»-Vorabbericht erklärte.
Der SWR zitierte dagegen den Ärztlichen Direktor des Klinikums am Weißenhof in Weinsberg, Matthias Michel, wonach Tim K. 2008 fünf Mal ambulant in der Klinik gewesen sei. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart erklärte zu dem «Focus»-Bericht am Samstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur AP, für sie gelte noch der Ermittlungsstand, wonach der 17-Jährige wegen Depressionen in Behandlung gewesen sei.
Die zuständige Polizei Waiblingen kündigte für den Samstagnachmittag eine Erklärung an. Zuletzt hatte für Aufregung gesorgt, dass Tim K. seine Tat offenbar doch nicht im Internet angekündigt hatte, wie zunächst von den Ermittlern bis hinauf zu Innenminister Heribert Rech mitgeteilt worden war. Der Amokläufer spielte nach einem «Spiegel»-Vorabbericht noch am Abend vor der Tat ein sogenanntes Killerspiel am Computer. Eine Auswertung seines PCs habe ergeben, dass der 17-Jährige gegen 19.30 Uhr das Spiel «Far Cry 2» gestartet und den PC gegen 21.40 Uhr ausgeschaltet habe, berichtete das Blatt.
«JawsPredator1»
Im Internet habe sich der Jugendliche offenbar schon vor Monaten mit Massakern an Schulen auseinandergesetzt. Nach Erkenntnissen der Ermittler sei er unter mehreren Pseudonymen wie «JawsPredator1» im Internet aktiv gewesen und habe unter anderem bei der Plattform «MyVideo» ein entsprechendes Profil gehabt. In einem der Diskussionsforen zu den Schulmassakern von Erfurt und Emsdetten meldete sich laut «Spiegel» am 23. August 2008 «JawsPredator1» zum Thema Amokläufer zu Wort: «Das witzige ist ja selbst wenn diejenigen es ankündigen glaubt es ihnen niemand.» Auch im Berufskolleg habe Tims Klasse das Thema «Amoklauf in Erfurt» und die neuen Waffengesetze diskutiert.
Schießübungen mit der Tatwaffe
Aussagen seines Vaters bei der Polizei zufolge soll Tim ihn mindestens drei Mal zu Schießübungen im Schützenverein begleitet haben, zuletzt vor drei Wochen. Der Sohn habe darauf gedrungen, den Umgang mit den Waffen zu lernen. Die Übungen fanden laut «Spiegel» mit der späteren Tatwaffe, einer Beretta, statt.
Gottesdienst für die Opfer - «Wo war Gott?»
Am Freitagabend kamen rund 1.400 Menschen zum Gottesdienst in Weiler zum Stein, dem 3.000-Einwohner-Ort, aus dem der Täter Tim K. und einige der Opfern kommen. «Der Tod ist viel zu nahe gerückt. Das Grundvertrauen in einen Ort ist zerbrochen», sagte der evangelische Dekan Eberhard Gröner.
Es sei verständlich, dass viele Gläubige sich nun fragten: «Wo war Gott?» Der Täter habe junge Menschen aus einem «Leben voller Hoffnung gerissen». «Wir stellen nun viele Fragen, auf die es keine Antwort gibt», sagte Gröner. Pfarrerin Rosemarie Gimbel-Rueß sprach von einer «Mauer des Schreckens», die der Amokläufer mit seiner Tat am Mittwoch errichtet habe. Die Gemeindehalle konnte nicht alle Besucher fassen, so dass der Gottesdienst auf einen angrenzenden Schulhof übertragen wurde. (dpa/AP/nz)