War MH370 stundenlang auf Geisterflug?
Kuala Lumpur - Wie um alles in der Welt verschwindet im 21. Jahrhundert ein Flugzeug und wird eine Woche lang nicht gefunden? Noch immer rätseln Experten darüber, wo Flug MH370 abgestürzt ist. Und ob es überhaupt einen Crash gab. Denn am Freitag legte das „Wall Street Journal“ nach und untermauerte seine These, dass die Boing 777-200 noch stundenlang weiterflog nachdem der Radarkontakt abgebrochen war. Das Blatt beruft sich auf „mit den Ermittlungen vertraute Personen“.
Erste Meldungen über einen Weiterflug hatten die malaysischen Behörden sofort dementiert. Doch jetzt legte das „Wall Street Journal“ nach und berichtete, Kommunikationssatelliten hätten mindestens fünf Stunden nach dem Verschwinden der Maschine noch Daten-Piepser der Boeing aufgefangen. Das letzte Signal, das ein Satellit empfing, wurde irgendwo über dem Wasser ausgesandt, sagte ein Informant dem Blatt. Bei normaler Reisegeschwindigkeit könnte die Maschine also noch rund 4000 Kilometer geflogen sein. Sprit hatte sie noch genug an Bord – mindestens für vier Stunden. Und dann? Ein Absturz? Ist der Jet gar irgendwo gelandet? Und wenn ja, wo?
Obwohl die Informanten einiges ausplauderten, ließen die etwas Entscheidendes unbeantwortet: Wo genau das letzte Signal der MH370 geortet worden ist und auf welcher Route der Flieger dabei war. Doch es gibt Indizien, dass an der These des Weiterflugs etwas dran ist. Die USA schickten am Freitag Spähflugzeuge in ein Gebiet, das mindestens 1600 Kilometer westlich der Malaiischen Halbinsel liegt. Zudem wurde der Zerstörer „USS Kidd“ vom südchinesischen Meer in den Indischen Ozean verlegt. Auch die indische Marine sucht dort mit Flugzeugen, Helikoptern und Schiffen nach dem vermissten Jet. Es sei als ob die Suche von einem Schachbrett auf ein Fußballfeld verlagert worden sei, so US–Fregattenkapitän William Marx.
Jetzt prüfen Ermittler auch die Version, ob MH370 vielleicht an einem unbekannten Ort gelandet ist. Denn dass auf einmal die Daten-Piepser der Maschine aufhörten ist noch kein Indiz für einen Absturz. Das System kann jederzeit von den Piloten abgestellt werden. „Alles klar, gute Nacht", hatte Pilot Zaharie Ahmad Shah in seinem letzten Funkspruch gesagt , bevor die Maschine verschwand. Die Worte sorgen seitdem für viele Fragezeichen.
Mittlerweile rudern auch die malaysischen Behörden von ihrem Weiterflug-Dementi ab. Verteidigungsminister Hishammuddin Hussein sagte, er halte es „natürlich“ für möglich, dass der Flug MH370 noch mehrere Stunden weiterflog. Deshalb habe man die Suchaktion jetzt ausgeweitet. Den ersten Bericht des „Wall Street Journals“ hatte er selbst noch dementiert.
Zunehmend sauer reagiert China auf das Krisenmanagement Malaysias. Denn 153 der 227 Passagiere an Bord von MH370 waren Chinesen. „Wenn das Flugzeug über Chinas Territorium verschollen wäre, würde die Suche gezielter ablaufen, wetterte gestern der Wissenschaftler Li Chengzhi von der Luftfahrtuniversität Nordchina. Die Chinesen glauben aber weiter an einen Absturz auf dem Weg der nordöstlichen Route von Kuala Lumpur nach Peking – und nicht weiter westlich im indischen Ozean. Forscher hätten ein „Ereignis“ am Meeresboden gemessen und dies als eine mögliche Spur zu der verschollenen Boeing gewertet. Das nicht näher definierte „Ereignis“ sei etwa 90 Minuten nach dem letzten Kontakt zu der Maschine registriert worden.