Vorschriften für Gen-Tests werden verschärft
Bundestag beschließt ein neues Gesetz: Keine Diagnose-Ergebnisse für Arbeitgeber, für Versicherungen nur in Ausnahmefällen, Vaterschaftstest bleiben erlaubt - außer wenn sie heimlich sind
BERLIN Mit der großen Mehrheit der Stimmen von Union, SPD und auch der FDP hat der Bundestag gestern mit einem neuen Gesetz der Gendiagnostik Fesseln angelegt. Die AZ beantwortet die wichtigsten Fragen:
Warum ist ein Gendiagnosegesetz überhaupt notwendig? Seit vielen Jahren haben sich die medizinischen Möglichkeiten der Gentechnik extrem ausgeweitet. Schon vor sieben Jahren hatte ein Enquête-Kommission Vorschläge über den Gesetzesinhalt gemacht. Vor allem wegen unterschiedlicher ethischer Auffassungen ist es erst jetzt zu einer Einigung gekommen.
Wer hat Interesse an Gentests? Da sind zunächst einmal Arbeitgeber und Versicherungen, die über gesundheitliche Risiken bei ihren Beschäftigten beziehungsweise bei den Versicherungsnehmern informiert sein möchten. Mehrere hunderttausend Deutsche lassen alljährlich auch ihr Erbgut analysieren, um ihre gesundheitlichen Risiken abschätzen zu können. Ein Interesse besteht auch bei Eltern ungeborener Kind, ob diese an einer genetisch bedingten Krankheit leiden. Dazu kommen zahlreiche Vaterschaftstests.
Welche Rechte hat künftig der Bürger? Arbeitgeber und Versicherungen sollen in Zukunft grundsätzlich keine Gen-Untersuchungen mehr verlangen können.
Gibt es auch Ausnahmen? Ja. Genetische Daten dürfen verlangt werden bei Lebens-, Berufsunfähigkeits-, Erwerbunfähigkeits- oder Pflegerentenversicherungen von einer Leistung von mehr als 300000 Euro insgesamt oder 30000 Euro jährlich.
Wie steht es mit vorgeburtlichen Untersuchungen? Auch hier wurden die Bestimmungen verschärft. Kinder dürfen vor der Geburt nur noch aus vom Arzt festgestellten medizinisch notwendigen Zwecken getestet werden. Wenn Eltern lediglich Auskünfte über das Geschlecht ihrer Kinder oder über mögliche Krankheiten des Ungeborenen haben wollen, ist dies kein legaler Grund für Gen-Tests.
Können Erwachsene ihre Gene testen lassen? Das bleibt erlaubt. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Betroffenen dem Test rechtswirksam zugestimmt haben und sich beraten ließen. Weitergabe, Aufbewahrung oder Vernichtung der so gewonnenen Daten ist allein Sache des Betroffenen.
Bleiben Vaterschaftstests erlaubt? Ja, aber nur wenn sie nicht heimlich gemacht werden.
Was sagen die Kritiker? In der Debatte am Freitag warf die Grünen-Abgeordnete Priska Hinz der großen Koalition vor, sie sei vor der Versicherungswirtschaft „eingeknickt“. Die festgelegt Obergrenze bei Lebensversicherungen sei ein „Einfalltor“ für Forderungen nach einem weiteren Abbau von Schutzrechten. Michael Heinrich
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