Vor 30 Jahren verunglückte Grace Kelly
Der Münchner Schriftsteller Thilo Wydra spricht im AZ - Interview über das bewegende Leben von Grace Kelly und ihre deutsche Herkunft.
Graziös und diszipliniert. Das war Grace Kelly. Die ehemalige US-Schauspielerin war ihrerzeit eine Ikone im Filmgeschäft. Dann heiratete sie den Fürst von Monaco, Rainier III. Mit dem Einzug ins monegassische Fürstentum veränderte sich ihr Leben – die freiheitsliebende Gracia Patricia wurde zu einer zurückgezogenen, unglücklichen Frau. Ihr tödlicher Autounfall bewegte die ganze Welt. Diesen Donnerstag, 13. September, jährt sich der tragische Unfall zum 30. Mal. Am Tag darauf, den 14. September, starb die Fürstin. Anlässlich ihres Todestages haben wir mit Thilo Wydra gesprochen, Münchner Journalist und Schriftsteller, der vor kurzem eine Biografie der Grace Kelly veröffentlicht hat.
Grace Kelly hatte eine deutsche Mutter und ist somit hälftig deutsch. Margaret Majer-Kelly selbst sprach ihre ersten sechs Lebensjahre nur deutsch, bis sie in Philadelphia amerikanisch zu lernen begann. Sie ist wiederum die Tochter von Margaretha Berg, die im hessischen Heppenheim an der Bergstraße geboren wurde und im Alter von 20 Jahren nach Amerika auswanderte. Dort begegnete sie dem aus Immenstaad am Bodensee stammenden, ebenfalls ausgewanderten Carl Majer, den sie schließlich heiratete. Grace Kellys Großeltern sind also gebürtig deutsch, und ihre eigene Mutter Margaret hat ihr eine strenge preußische Erziehung mitgegeben: Grace Kelly war ein sehr disziplinierter, loyaler, integrer Mensch, die ihre Pflichten und ihre Verantwortung ernst nahm und ihnen stets verlässlich nach kam. Am Film-Set war sie stets die erste und konnte den Text von allen. Zuspätkommen und Dialoge nicht können, das gab es bei ihr nicht.
Es war zu jener Zeit nicht opportun, deutsch zu sein, was ganz unmittelbar mit der deutschen Geschichte zu tun hat. Mir haben Zeitzeugen aus Philadelphia, die zu einer ähnlichen Zeit dort geboren wurden wie Grace Kelly, erzählt, dass es quasi verboten war, deutsch zu sprechen. Es war alles andere als „salonfähig“. Die Politik der großen US-Hollywood-Studios tat ein übriges: Grace Kelly wurde als „Irish-American girl“ beworben, ihre hälftig deutsche Herkunft wurde schlichtweg negiert. Auch in älteren US-Biographien, die in den 80er und 90er Jahren über sie erschienen, wird ihre deutsche Seite nur äußerst marginal erwähnt, wenn überhaupt. Es wurde von Jahrzehnt zu Jahrzehnt, von Biographie zu Biographie, von Dokumentation zu Dokumentation, tradiert, dass sie irisch-amerikanischer Provenienz ist.
Bei der Hochzeit von Grace Kelly und Fürst Rainier III. von Monaco kommen viele Elemente und Aspekte zusammen: Fürst Rainier stand unter dem Zugzwang, einen Thronfolger für das Fürstentum zu zeugen, da die inzwischen geänderten Gesetze damals noch besagten, dass der kleine Staat zurück an Frankreich fiele, für den Fall eines fehlenden Nachfolgers des Regenten. Seit 2002 besteht diese Gefahr aufgrund einer Gesetzesänderung nun nicht mehr. Grace Kelly wiederum sehnte sich nach Anerkennung durch ihren übermächtigen Vater John B. Kelly, der ihre herausragende Hollywood-Karriere, selbst ihren Oscar von 1955, in keinster Weise würdigte und auch alle bisherigen Beziehungspartner seiner Tochter strikt ablehnte. Es wurde damals eine Mitgift der Kellys an den monegassischen Palast gezahlt, und sie musste sich einem Fruchtbarkeitstest unterziehen. Inwieweit die Hochzeit bloßes Arrangement war, ist jedoch schwierig zu beantworten. Nach ihrem ersten Kennenlernen im Mai 1955 in Monaco schrieben sie sich acht Monate lang Briefe, bevor sie sich im Dezember in Philadelphia wiedersahen. Macht man das, wenn alles lediglich arrangiert ist?
Es gab in jenem September 1982 etwa sechs bis sieben primär von der Yellow Press aufgebrachte Todestheorien, die bis dahin reichten, die Mafia aus Nizza habe aus politischer Motivation heraus ihre Finger mit im Spiel gehabt und den braunen Rover 3500 präpariert, was durch die Untersuchung des Wagens durch die französische Polizei ad absurdum geführt wurde. Der britische Rover war vor Fahrtantritt in einwandfreiem Zustand. Oder aber, Gracia Patricia sei willentlich und wissentlich in den Suizid gefahren, was angesichts ihrer Haltung zu ihrer eigenen Familie, ihren Kindern zumal, mit Tochter Stéphanie mit im Wagen, vollkommen undenkbar und also absurd ist. Und andere Abstrusitäten mehr. Bis hin zu den beiden Theorien, die sich gehalten haben.
Von den seinerzeit aufgeworfenen sechs oder sieben Todestheorien sind mindestens vier bis fünf vollkommen haltlos und mit absolut nichts zu belegen. Es bleiben einzig zwei, die sich seit jeher halten: Jene, dass Grace Kelly aufgrund eines Hirnschlags die Kontrolle über den Rover verloren hat und einen Blackout hatte, sodass der Wagen nicht mehr zu halten war. Und jene, dass nicht sie am Steuer saß, sondern ihre damals 17-jährige Tochter Stéphanie. Letztere Theorie allerdings ist durch keinerlei Belege oder Indizien zu bekräftigen, hält sich jedoch seither über all die vielen vergangenen, inzwischen 30 Jahre hartnäckig. Es bleibt ein Mythos, eine Legende...
„GRACE - Die Biographie“ (aufbau Verlag, Berlin 2012, 400 S., 22,99€) beleuchtet den Mythos der Grace Kelly. Autor Thilo Wydra zeigt anhand von Zeitzeugengesprächen, einem Exklusivinterview mit Gracias Sohn Fürst Albert II. von Monaco und einer Korrespondenz mit Alfred Hitchcock, mit dem Kelly viele Filme drehte, was für ein Mensch die kühle Fürstin hinter den Kulissen des Palastes war. Wydra bekam als erster Journalist Zugriff auf das Privatarchiv des Fürstentums. Das Buch versammelt viele private Fotos der Familie.
- Themen:
- Albert von Monaco
- Mafia
- Polizei