Viel Qualm um fast nichts
Er ist derzeit der bekannteste Raucher-Rebell Deutschlands, Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt. Und weil das Ehepaar Schmidt auch im Hamburger Komödientheater qualmte, musste die dortige Justiz aktiv werden.
HAMBURG Gerade hatte sich über Hamburg die durch die übliche Silvesterfeuerwerkerei giftgeschwängerte Feinstaubwolke (mit örtlich bis zu 30-facher Überschreitung des zugelassenen Grenzwerts) wieder verzogen. Da brach neue Unbill über die Hansestadt herein.
Michael Lang, Chef des Komödientheaters „Winterhuder Fährhaus“ hatte zum traditionellen Neujahrspunsch auch seine langjährigen Ehrengäste, Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt (89) und dessen Ehefrau Loki (88), geladen. Die kamen auch – doch sie taten Unerhörtes: Sie rauchten, qualmten ungeniert und öffentlich, wie Zeitungsbilder belegten.
Anzeige kam aus 400 Kilometern Entfernung
Was zwar keinen der übrigen Anwesenden störte, wie Intendant Lang versichert. Der 400 Kilometer entfernt residierenden Nichtraucher-Initiative Wiesbaden aber stank das gewaltig. Und die reagierte prompt: Anzeige wegen Verstoßes gegen das Rauchverbot in der Öffentlichkeit und wegen Körperverletzung. Die Staatsanwaltschaft begann pflichtschuldigst, zu ermitteln.
Nun ist bekannt, dass Helmut Schmidt bekennender Kettenraucher ist, der das Qualmen nicht mal in Talkshows lassen kann. So bekam etwa Sandra Maischberger auf die Frage, wie er in seinem Alter noch seine große Arbeitsbelastung schaffe, die lapidare Antwort: „Willen braucht man. Und Zigaretten!“ Ans Aufhören denkt auch Loki nicht: „Sogar die Ärzte raten uns davon ab. Die Umstellung würde dem Körper zu viel Stress machen.“
Die Schmidts – sie können und wollen nicht von ihrem Glimmstängel lassen. Da geht es ihnen ähnlich wie vielen prominenten Nikotinsüchtigen, etwa dem 104-jährigen Jopie Heesters („Das Verbot erinnert fatal an eine Diktatur“), Königin Margrethe von Dänemark, den Schauspielern Fritz Wepper oder Max Tidof („Ich geh’ in keine Nichtraucherkneipe“).
Ermittlungen eingestellt
Trotzdem – den Schmidts drohte ein Verfahren. „Ja, wir prüfen das rechtlich“, seufzte der Hamburger Oberstaatsanwalt Rüdiger Bagger. Später am Freitagabend kündigte Bagger an, die Ermittlungen würden eingestellt.
Am Ende blieb ein fast prophetisches Wort von Richard Wagner, das „Fährhaus“-Chef Lang bereits beim Neujahrs-Punsch leicht abgewandelt zitiert hatte: „Deutsch sein heißt heute, eine Sache um ihrer selbst willen zu verhindern.“ F. Janda