Vermeintlicher Vater darf DNA-Test verweigern

Die Frage nach der eigenen Herkunft beschäftigt viele. Doch Kinder können Männer, die sie für ihren leiblichen Vater halten, nicht zu einem rechtlich folgenlosen Gentest zwingen - zumindest laut Bundesverfassungsgericht.
dpa/az |
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Vaterschaftstest im Genlabor: Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass eine Frau einen Mann, den sie für ihren Vater hält, nicht zum DNA-Test zwingen kann. Foto: Boris Roessler/Illustration
dpa Vaterschaftstest im Genlabor: Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass eine Frau einen Mann, den sie für ihren Vater hält, nicht zum DNA-Test zwingen kann. Foto: Boris Roessler/Illustration

Karlsruhe - Ist dieser Mann mein Vater? Eine 66 Jahre alte Frau wird auf die quälende Frage wohl keine Antwort mehr bekommen - sie scheiterte mit ihrer Verfassungsklage. Dabei ging es um die Möglichkeit, den heute fast 90-Jährigen zum Gentest zu zwingen.

Nach Auffassung der Karlsruher Richter ist das Recht, die eigene Abstammung zu kennen, aber nicht absolut. Es müsse insbesondere mit den widerstreitenden Grundrechten der von einer Klärung Betroffenen in Ausgleich gebracht werden, urteilten sie. (Az. 1 BvR 3309/13)

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Vaterschaftsklage als letzter Ausweg?

 

Die Frau aus Nordrhein-Westfalen hatte alle Hoffnungen in das Verfahren der sogenannten rechtsfolgenlosen Abstammungsklärung gesetzt, das es erst seit 2008 gibt. Einen Anspruch darauf hat sie aber nicht, denn der Mann, den sie für ihren Vater hält, steht außerhalb der Familie. Die Abstammungsklärung kann ein Kind nur gegenüber dem Mann durchsetzen, der rechtlich als Vater gilt.

Aus Sicht der Richter ist diese enge Begrenzung mit dem Grundgesetz vereinbar. Denn eigentlich haben Menschen, die Zweifel an ihrer Herkunft plagen, auch noch die Möglichkeit, über eine Vaterschaftsklage Gewissheit zu bekommen. Der Hauptunterschied zur Abstammungsklärung ist, dass das Testergebnis zwangsläufig rechtliche Konsequenzen hat - so kann es etwa sein, dass ein Mann das Sorgerecht verliert oder im umgekehrten Fall Kindesunterhalt nachzahlen muss.

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Karlsruher Entscheidung ist "eine große Enttäuschung"

 

Der Klägerin steht dieser Weg nicht mehr offen. Denn ein Gericht hatte 1955 auf Grundlage zweier Gutachten nach den medizinischen Möglichkeiten der Zeit eine Vaterschaft rechtskräftig verneint. Ihr Anwalt Paul Kreierhoff nannte die Karlsruher Entscheidung daher "eine große Enttäuschung" für seine Mandatin.

Das Bundesverfassungsgericht nimmt in seinem Urteil vor allem die Grundrechte der anderen Beteiligten in den Blick. Die Mutter und der vermeintliche Vater hätten das Recht, ihre intime Beziehung geheim zu halten. Der Mann habe vielleicht Frau und Kinder, diese Familie könne schon durch den Verdacht beeinträchtigt werden.

Auch in der eigentlichen Familie des Kindes, das Gewissheit sucht, gehe womöglich Vertrauen verloren. Ein Test, der ja auch negativ ausfallen könne, könne so Schäden anrichten, die nicht mehr gut zu machen seien.

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Mögliche Änderung des Paragrafen zur Abstammungsklärung

 

Allerdings betont der erste Senat unter Vize-Gerichtspräsident Ferdinand Kirchhof den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers: Eine andere Lösung sei zwar nicht geboten, aber verfassungsrechtlich denkbar. Im Bundesjustizministerium lotet derzeit ein Arbeitskreis die Möglichkeiten einer Reform des Abstammungsrechts aus.

Ergebnisse sollen Mitte 2017 vorliegen. Staatssekretärin Stefanie Hubig sagte in Karlsruhe, dabei werde auch eine Änderung des Paragrafen zur Abstammungsklärung diskutiert. Eine Position zu der Frage habe sie aber noch nicht. "Es ist eine ganz schwierige Abwägungsfrage."

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