Verena Becker: Die Frau, die den Vater tötete – vielleicht
Es ist ein Prozess, der die Erinnerungen weckt und die alten Bilder wieder hoch beschwört: Stuttgart-Stammheim. RAF. Buback. Seit gestern taucht das Oberlandesgericht Stuttgart tief ein ins Terror-Jahr 1977.
STUTTGART Wer ermordete den 57-jährigen Generalbundesanwalt Siegfried Buback und seine zwei Begleiter: War es Verena Becker, die Frau mit der übergroßen Sonnenbrille, die seit gestern am Schauplatz der alten RAF-Prozesse vor Gericht steht? Dort, wo sie selbst schon einmal wegen anderer RAF–Morde Lebenslänglich bekam.
Bubacks alte Behörde, die Bundesanwaltschaft, will ihr jetzt auch den Buback-Mord beweisen – und glaubt doch selbst nicht, dass sie der 58-Jährigen die Schüsse an sich nachweisen kann. Es war der 7. April 1977, 9 Uhr morgens, eine Kreuzung in Karlsruhe. Während der Dienstwagen Bubacks an Ampel hält, taucht von hinten ein mit zwei Menschen besetztes Motorrad auf. Als die Ampel grün wird, zieht die Person auf dem Soziussitz das Maschinengewehr: Mindestens 15 Schüsse aus nächster Nähe lassen den Insaßen keine Chance.
Michael Buback, der Sohn des Ermordeten, führt seit Jahren einen Kampf: Er will wissen, wer geschossen hat und was wirklich geschah. Doch die Überbleibsel der RAF verweigern sich – so wie gestern auch Becker. Sie kam, sah und schwieg. Vor Gericht gab sie gerade mal Geburtsdatum und -ort preis – sonst nichts. Doch Buback glaubt fest daran, dass Becker die Frau auf dem Sozius war. Er will es als Nebenkläger beweisen.
Die Staatsanwälte sind sich da nicht so sicher – und meinen, dass es für den Mordvorwurf auch nicht darauf ankam, wer schoss: „Die Angeklagte wirkte maßgeblich an der Entscheidung, einen Anschlag auf Generalbundesanwalt Buback zu begehen, an der Planung und Vorbereitung mit“. Sie glauben, dass Becker den Willen der damals in Stammheim einsitzenden RAF-Spitze um Andreas Baader umsetzen wollte. Die hatte zum Mord aufgerufen.
Schon kurz nach der Tat liefen Ermittlungen gegen Becker. Sie wurden mangels Beweisen eingestellt. Dann aber kam die moderne DNA-Technik. Spezialisten wiesen 2008 nach, dass an einem RAF-Bekennerbrief zum Buback-Mord Speichelspuren klebten. Sie stammen von: Verena Becker. mue
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