Vatikan lässt Williamson abblitzen

Sollte die Erklärung des Holocaustleugners Williamson als Entschuldigung an den Vatikan gedacht gewesen sein, ist das Vorhaben missglückt. Die offizielle Reaktion ist eindeutig. Der Zentralrat der Juden fordert indes noch mehr.
von  Abendzeitung
Von hier kommt die eindeutige Reaktion
Von hier kommt die eindeutige Reaktion © ap

Sollte die Erklärung des Holocaustleugners Williamson als Entschuldigung an den Vatikan gedacht gewesen sein, ist das Vorhaben missglückt. Die offizielle Reaktion ist eindeutig. Der Zentralrat der Juden fordert indes noch mehr.

Auf diese Stellungnahme hatte die Öffentlichkeit gewartet: Innerhalb eines Tages nach Erscheinen des Briefes hat der Vatikan auf die Erklärung des katholischen Geistlichen und Holocaustleugners Richard Williamson reagiert. Das, was er dort schreibe, sei vage und unzureichend, sagte Vatikan-Sprecher Pater Federicao Lombardi in Rom. «So, wie es aussieht, erfüllt (der Brief) nicht die Bedingungen, die das vatikanische Staatssekretariat gestellt hat.»

Außerdem sei das Schreiben des Briten weder an Papst Benedikt XVI. noch an die zuständige Päpstliche Kommission Ecclesia Dei gerichtet gewesen. Hier ein Auszug aus dem Brief: «Der Heilige Vater und mein Oberer, Bischof Bernard Fellay, haben mich ersucht, die Bemerkungen, die ich vor vier Monaten gegenüber dem schwedischen Fernsehen gemacht habe, neu zu überdenken, da deren Folgen sehr schwerwiegend gewesen sind. In Anbetracht dieser Folgen kann ich wahrheitsgemäß sagen, dass es mir leid tut, diese Bemerkungen gemacht zu haben, und dass ich sie nicht gemacht hätte, wenn ich im Vorhinein um den ganzen Schaden und den Schmerz gewusst hätte, die diese verursachen würden, besonders der Kirche, aber ebenso den Überlebenden und den Verwandten der Opfer der Ungerechtigkeit unter dem Dritten Reich.»

Widerruf gefordert

Der Vatikan hatte von Williamson vor Wochen einen «absolut unmissverständlichen und öffentlichen Widerruf» seiner Holocaust-Leugnung verlangt. Williamson hatte im Januar im schwedischen Fernsehen die Zahl der im Holocaust ermordeten Juden deutlich niedriger als bekannt angesetzt und geleugnet, dass jüdische Männer und Frauen in Gaskammern getötet worden seien.

Die Äußerungen machten vor allem deshalb international Schlagzeilen, weil Papst Benedikt XVI. kurz darauf die Exkommunikation Williamsons und dreier weiterer Bischöfe der fundamentalistischen Pius-Bruderschaft aufgehoben hatte. Das Oberhaupt der katholischen Kirche wurde dafür weltweit kritisiert. Der Papst forderte Williamson schließlich auf, seine Äußerungen zurückzunehmen. Am Freitagmorgen hatte bereits der Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kurienkardinal Walter Kasper, der Nachrichtenagentur epd gesagt, Williamsons Entschuldigung sei «billig».

Zentralrat der Juden erwartet Konsequenzen

Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, zeigte sich am Freitag entsetzt von Williamsons Brief. An den Vatikan richtet sie die Erwartung, dass Williamson nicht nur zum Widerruf aufgefordert werde, sondern dass klare Konsequenzen gezogen würden und eine deutliche Abgrenzung zur antisemitischen Piusbruderschaft stattfinde, die Juden als Gottesmörder bezeichne.

«Durch den ausbleibenden eindeutigen Widerruf seiner böswilligen Lügen hat Williamson erneut zum Ausdruck gebracht, dass er ein überzeugter Antisemit und unverbesserlicher Holocaust-Leugner ist», sagte Knobloch am Freitag in München. Sie zeigte sich erfreut darüber, dass auf europäischer Ebene rechtliche Schritte gegen den Holocaustleugner geprüft würden. Es wäre ein fatales Signal, wenn Williamson seine Lügen ungestraft weiter verbreiten könnte. Die Regensburger Staatsanwaltschaft ermittelt seit Anfang Februar wegen Verdachts der Volksverhetzung gegen Williamson wegen seines Interviews für das schwedische Fernsehen bei einem Besuch in Bayern.

EU kann nicht gegen Williamson handeln

EU-Justizkommissar Jacques Barrot verurteilte Williamsons Äußerungen scharf. Der Bischof hatte den millionenfachen Mord an Juden während der Nazizeit in Abrede gestellt. Die Aussagen des Bischofs der Pius-Bruderschaft seien eine «Attacke auf die Wirklichkeit», sagte Barrot. «Das können wir nicht hinnehmen», fügte der Vizepräsident der Europäischen Kommission hinzu.

Möglichkeiten zur Verfolgung Williamsons auf europäischer Ebene sieht der EU-Kommissar aber nicht. Die Union habe zwar einen Rahmenbeschluss gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit verabschiedet, dieser sei aber noch nicht in allen Mitgliedstaaten in nationale Gesetze übertragen. «Leider ist es zu früh, um ihn anzuwenden, weil der Rahmenbeschluss noch nicht umgesetzt wurde», sagte der Justizkommissar. Williamson könnte nach Worten des tschechischen Justizministers Jiri Pospisil lediglich auf Grundlage nationaler Gesetze belangt werden, das sei aber nicht Aufgabe der Politik: «Es ist Sache der Richter und Gerichte, da zu entscheiden.» (AP/dpa/nz)

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